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Franz Bittenbinder - ein Heimatmaler im besten Sinne des Wortes

Franz Bittenbinder: Frühling auf der Banater Heide (Aquarell).

Franz Bittenbinder: Temeswarer Domplatz im Winter (Aquarell).

Das Banat hat viele bekannte Maler hervorgebracht, wobei die bekanntesten wohl Stefan Jäger und Franz Ferch sein dürften. Ein Maler, der sich hauptsächlich Stadtansichten gewidmet hat, ist weniger bekannt oder fast vergessen, obwohl er erst seit acht Jahren tot ist: Franz Bittenbinder.
Geboren wurde Franz Bittenbinder am 21. Mai 1927 in Temeswar als Sohn des Buchhalters Franz Bittenbinder und dessen Ehefrau Martha, geborene Medveczky. In der Banatia besuchte er von 1938 bis 1944 das Gymnasium und die Prinz-Eugen-Schule. Wegen seines besonderen zeichnerischen und malerischen Talents war er der Lieblingsschüler der Zeichenlehrer Sebastian Rotsching, Viktor Stürmer und Julius Stürmer. Mit den Karikaturen der Professoren Hans Weresch, Anton Valentin und Reinhold Pécsváry handelte er sich die Sympathie seiner Kollegen ein.

Zur Malerei kam Franz Bittenbinder eigentlich durch einen Zufall und – man muss wohl sagen – keinen glücklichen. 1945 wurde er mit 17 Jahren zur Zwangsarbeit in die ehemalige Sowjetunion verschleppt, wo er im Lager 1987 in Saporoshje zunächst Schwerstarbeit verrichten musste. An der Karikatur seines Lagerkommandanten erkannte man Bittenbinders Zeichentalent und stellte ihn dafür ab, Losungen zu malen. Immer wieder wurde er zu den Offizieren eingeladen, um Familienbilder zu malen. Zudem fertigte er mit Streicherpinsel und selbstgemixter Ölfarbe auf Karton Kopien nach Bildern russischer Meister an. So entstanden die ersten Malereien Bittenbinders, um deren Erlös er sich seine karge Lebensmittelration aufbesserte. Hier, im unfreiwilligen Exil, lernte er seine spätere Frau Martha, eine Oberschlesierin, kennen und hier kam auch die erste Tochter Inge zur Welt.

1949 aus russischer Deportation  heimgekehrt, musste Franz Bittenbinder noch drei Jahre lang Arbeitsdienst beim rumänischen Militär leisten. Zurück in Temeswar, verdiente er seinen Lebensunterhalt als technischer Zeichner. Von 1958 bis 1960 besuchte er im Fernunterricht die Temeswarer Lenauschule und holte das durch die Deportation in die UdSSR verhinderte Abitur nach. Seine Erfüllung fand er jedoch in der Malerei. „Mein erstes Gemälde nach der Rückkehr“, bekennt er später seinem Freund Erwin Lessl, „war die Kopie nach einem Waldbild von Schischkin, das ich aus dem Gedächtnis auf die Leinwand brachte“. 1960 verlegte er sich aufs Aquarellieren, es entstanden hunderte von Arbeiten. Nebenberuflich betätigte er sich als Grafiker und Karikaturist bei den drei Temeswarer Lokalzeitungen, so auch als Mitarbeiter der „Wahrheit“ bzw. der „Neuen Banater Zeitung“. Seine unnachahmlichen Karikaturen für deren Mundartbeilage „Die Pipatsch“ machten ihn weithin bekannt. Bittenbinder illustrierte zudem etliche Bücher Banater Autoren, er bebilderte die deutsche Schulfibel und fertigte Illustrationen für den von der NBZ herausgegebenen Pipatsch-Kalender an.

1986 siedelte Franz Bittenbinder mit seiner Familie, der Frau Martha und seinen drei Kindern Inge, Brigitte und Dieter, nach Deutschland aus und ließ sich in der niedersächsischen Hauptstadt Hannover nieder. Seelisch und künstlerisch blieb er zwar auch hier dem Banat verbunden, zumal sich seine Erinnerungen in unzählige Bilder mit heimatlichen Motiven niederschlugen, jedoch nahm er auch seine neue Umwelt künstlerisch wahr, indem er den Raum Hannover in spannungsreichen Malereien darstellte. Auch als Illustrator von Büchern seiner Banater Landsleute (Franz Frombach, Robert Glatt, Erich Georg Gagesch, Jakob Vorberger) war Bittenbinder weiterhin tätig. Er starb am 25. März 2006 in Hannover.

Das Werk Bittenbinders umfasst Malereien (Aquarelle, Ölbilder), Karikaturen und Buchillustrationen. Die größte Sammlung von Gemälden befindet sich im Besitz der Familie Rita und Hartwig Maurus in Baden-Württemberg. Das Themengebiet ist entsprechend seiner Technik vielfältig. In den Karikaturen werden mit feinem Humor, aber auch augenzwinkernd menschliche Schwächen gegeißelt; in den Malereien hingegen bringt er die Schönheit der Landschaft oder der Architektur seiner alten Heimat Temeswar und des Banats aufs Papier, aber auch Eindrücke aus seiner neuen Heimat Niedersachsen. Es fehlen aber auch nicht die Stillleben, Blumenmotive, Porträts, Trachten- und Genrebilder. Diese stehen aber zahlenmäßig den Landschaftsbildern nach. Bei den Karikaturen sind es dann umgekehrt Personen, die das Bild bestimmen. Die Farbgebung mutet immer wieder etwas ätherisch an, und besonders die Lichtverhältnisse beeindrucken den Betrachter. Die scheinbar liebsten Jahreszeiten für Bittenbinder waren der Herbst mit seiner Buntheit und der Winter wegen der weißen Leuchtkraft des Schnees.

Als Karikaturist und Maler wurde Franz Bittenbinder über das Banat
hinaus bekannt, obwohl er meist seine Heimat – zunächst in Rumänien und später dann in Deutschland – in hunderten von Aquarellen, Temperabildern, Federzeichnungen und Ölbildern dargestellt hat. Seine Bilder wurden in zahlreichen Ausstellungen in Temeswar vorgestellt und ab 1986 in seiner neuen Heimat: in Saarbrücken (Landtag), Homburg, Sindelfingen, Hannover, im Auswärtigen Amt in Bonn und in etlichen Privatausstellungen. „Franz Bittenbinder verkörperte den Heimatmaler im besten Sinne des Wortes. Seine Bilder bringen eine für uns heute zeitlich wie räumlich ferne Welt ein, aber eine Welt mit hohen Gefühlswerten“, schrieb Erwin Lessl in seinem in der „Banater Post“ erschienenen Nachruf mit der treffenden Überschrift: „Er hat sein Banat in Bildern verweigt“.