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Ein Hamburger in Temeswar

Hermann Klee (1883-1970) war der erste Chormeister der 1946 gegründeten Temeswarer Oper.

Die erste Biografie Hermann Klees ist vor kurzem im Verlag Edition Musik Südost erschienen.

Hermann Klee in seinem Temeswarer Arbeitszimmer Illustrationen: Südostdeutsches Musikarchiv München, Dr. Franz Metz

Biografie des Komponisten und Dirigenten Hermann Klee erschienen - Hermann Klee wurde am 8. September 1883 in Rendsburg (Schleswig-Holstein) geboren. Schon zur Zeit seines Studiums am Hamburger Konservatorium (1899-1904) entstanden seine ersten Kompositionen. Zur gleichen Zeit war Klee auch Dirigent der Gutenberg-Liedertafel in Hamburg-Altona. Neben mehreren Liedern entstand 1903 die Musik zu dem Festspiel „Frühlingserwachen“ (Text: Hermann Pohl). Ein Jahr später trat er als Orchesterdirigent auf und erarbeitete seine ersten Operettenarrangements.

Klees Hauptinstrument war der Kontrabass, und so spielte er mit 21 Jahren im Orchester der Dresdner Philharmonie. Bei Professor Felix Draeseke setzte er dann sein Studium fort, um 1905 im Berliner Philharmonischen Orchester aufgenommen zu werden. Zeitweilig wirkte er auch an der Oper, wo er Beziehungen zu namhaften Komponisten und Dirigenten knüpfte: Gustav Mahler, Arthur Nikisch, Richard Strauss, Ferruccio Busoni, Siegfried Ochs, Leo Blech und Max Eschke. Er vertiefte seine Kenntnisse vor allem in Kontrapunkt, Komposition und Canto.

Von Hamburg ins siebenbürgische Bistritz

Aufgrund einer Zeitungsannonce bewarb sich Hermann Klee 1909 in Bistritz (Siebenbürgen) um die Stelle des Chormeisters, Musiklehrers und Organisten. Hier leitete er gleichzeitig einen deutschen und einen rumänischen Gesangsverein wie auch ein Orchester. In Bistritz wirkte Klee bis 1919, als er nach Klausenburg umzog, um hier als Chordirigent an der neu gegründeten Rumänischen Oper tätig zu werden.

Tiberiu Brediceanu, ein aus Lugosch stammender bedeutender rumänischer Komponist und Folklorist, war damals Leiter der Klausenburger Oper und Hermann Klee kannte dessen kompositorisches Schaffen aus seiner Bistritzer Zeit. Brediceanus Komposition „La şeză-toare“ (In der Spinnstube) war vom Bistritzer Chor unter Hermann Klee 1913 uraufgeführt worden. In Klausenburg entstanden in den Jahren 1919-1946 Klees bedeutendsten Werke: die Märchenoper „Făt frumos“ (begonnen 1921, Uraufführung 1924) und die Oper „Es tagt“ (1926). Letztere wurde aber erst 1956 von den Temeswarer Philharmonikern in konzertanter Form unter der Stabführung von Mircea Popa aufgeführt. Es entstanden außerdem die Gesänge „Zarathustra“ und „Venedig“ nach Friedrich Nietzsche, das symphonische Poem „Lancelot“, die Ballade, die Sinfonietta in C-Dur und die Suite „Dorfleben“, darüber hinaus viele deutsche und rumänische Lieder und Chöre, Klavierstücke sowie zahlreiche Bearbeitungen. Allein die Märchenoper „Făt frumos“ wurde zwischen 1924 und 1940 über vierzigmal aufgeführt, in Temeswar wurde sie 1957 als Neuinszenierung siebenmal aufgeführt.

Dirigent und Professor in Klausenburg

Im Jahre 1920 wurde Klee zum Professor für Theorie, Kontrapunkt, Harmonie und Komposition an das Klausenburger Konservatorium berufen. Seine Schüler waren unter anderen die späteren bedeutenden Komponisten Sabin Drăgoi, Zeno Vancea, Eugen Cuteanu, der Sänger Traian Grozăvescu. In diesen Jahren entstanden dauerhafte freundschaftliche Beziehungen zu Tiberiu Brediceanu, dem damaligen Generaldirektor der Oper, zu Dimitrie Popovici-Bayreuth sowie zu Sabin Drăgoi und Wilhelm Siorban, zu seinem Librettisten Dr. Ion Dan, zu der Sängerin Lya Pop-Popovici und anderen. Viele Rezensionen in deutschen, ungarischen und rumänischen Zeitungen jener Zeit lobten Hermann Klees Arbeit mit dem Klausenburger Opernchor und würdigten sein kompositorisches Schaffen, so die Deutsche Allgemeine Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Musik, Ostland, Hermannstädter Tagblatt, Siebenbürgisch-Deutsches Tagblatt, Deutscher Bote, Új Kelet, Keleti Újság, Naţiunea, Cuvântul, Aurora, Patria usw.

Aus einem Brief aus dem Jahre 1928 an Sabin Drăgoi ist ersichtlich, dass Klee bereit gewesen wäre, als Chorleiter nach Temeswar zu kommen. Dies kommt aber erst mit der Umsiedlung der Klausenburger Oper nach Temeswar zustande. Infolge des Wiener Schiedsspruchs (1940) kam Nordsiebenbürgen an Ungarn, weshalb Klee die Rumänische Oper Klausenburg verließ und bis Kriegsende in Temeswar eine Bleibe fand. Viele Musiker, unter anderen auch Hermann Klee, werden sich in der Banater Metropole endgültig niederlassen.

Gründungsmitglied der Temeswarer Oper

1946 berief die Direktorin Aca de Barbu Hermann Klee als Chormeister an die neu gegründete Rumänische Staatsoper in Temeswar. Wieder wurde der „Deutsche“ – wie er in vielen rumänischen Zeitungsberichten genannt wurde – Gründungsmitglied und erster Chormeister einer rumänischen Oper. Dreißig Jahre verbrachte Klee in der Banater Metropole, bis er kurz vor seinem 87. Geburtstag, am 22. August 1970, verstarb.

Am 27. April 1947 wurde die erste Spielzeit der Temeswarer Staatsoper mit Verdis „Aida“ eröffnet. In den Anfangsjahren gelang es Hermann Klee, aus dem zusammengewürfelten Opernchor einen homogenen Klangkörper zu formen. Unter seiner musikalischen Leitung wurden ferner „Cavalleria rusticana“, „La Bohéme“, „Carmen“, „Eugen Onegin“, „Figaros Hochzeit“, „Rigoletto“, „Faust“, „Don Pasquale“, „Ana Lugojana“, „Das Dreimädelhaus“ und andere Opern auf die Bühne gebracht.
In Temeswar entstand das vokal-sinfonische Poem „Es geht ein Liedchen im Volke“ nach Versen von Anna Ritter und in Zusammenarbeit mit Mercedes Pavelici das Ballett „Der goldene Apfel“, das in Russe (Bulgarien) uraufgeführt und 1960 in Kronstadt ins Repertoire aufgenommen wurde. Dirigiert von Norbert Petri, wurde es am 24. September 1961 im Fernsehen ausgestrahlt. Ebenfalls in Temeswar schuf Klee die Stücke „Aus der Puppenstube“ (für Klavier) und „Reverie“ (für Harfe). Auch Lieder und Chöre nach Texten von Joseph von Eichendorff, Johann Wolfgang von Goethe, Karl Stieler, Theodor Storm, Hermann Hesse und Theodor Fontane entstanden in dieser Zeit.

In Temeswar heiratete Hermann Klee 1949 Rosalia Lorenz, Sängerin im Opernchor. Seine Familie lebt heute in Deutschland. Die meisten seiner Werke sind nur in wenigen Handschriften erhalten geblieben. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg druckte Pregler in Temeswar sechs seiner Lieder nach Texten rumänischer Dichter. Eine wichtige Rolle in der Verbreitung und Aufführung von Hermann Klees Liedern spielte die langjährige Pianistin der Temeswarer Staatsoper Vally Tarjányi, die schon 1957 „zum guten Gelingen der Premiere von Făt frumos“ (so der Komponist selbst in einer Widmung) viel beigetragen hat und sich noch bis zu ihrem Tode um die Verbreitung seines Liedschaffens bemühte.

Bemühungen um das Schaffen Hermann Klees

Im Jahre 1979 hat Rosalia Klee wegen der bevorstehenden Ausreise nach Deutschland den gesamten Nachlass ihres Mannes dem Banater Museum geschenkt. Dort wurde er sorgfältig von Dr. Rodica Giurgiu und Dr. Adrian Deheleanu inventarisiert. Dieser Nachlass enthält wertvolle Autografe, Briefe, Bilder, Zeitungsartikel, Konzertprogramme, Plakate und persönliche Gegenstände des Komponisten. Dessen sinfonische Werke wie auch die vielen Lieder sind Meisterwerke ihrer Zeit, die auch heute noch höchste Anerkennung erfahren müssten. Besonders seine Vertonungen von Gedichten Hermann Hesses sind wahre, aussagekräftige und gleichzeitig gefühlvolle Kunstwerke.

Die im Jahre 2019 entstandene Biografie „Hermann Klee. Von Hamburg bis Temeswar. Ein Musikerleben in Dokumenten und Bildern“ (Edition Musik Südost München) stützt sich auf die Aussagekraft von Dokumenten, Zeitungsberichten und Fotos. Die meisten Konzertberichte und Artikel (besonders jene in rumänischer Sprache) wurden mit einem kurzen Kommentar versehen. Manche Daten zum Leben und Werk von Hermann Klee werden in einzelnen Zeitungsberichten aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet, bedingt auch durch die jeweiligen politisch-gesellschaftlichen Gegebenheiten. Klees Schaffen erstreckt sich über mehr als sieben Jahrzehnte – vom Deutschen Kaiserreich über Österreich-Ungarn, das Königreich Rumänien und die Rumänische Volksrepublik bis in die Zeit der Sozialistischen Republik Rumänien. Er blieb sich aber als Mensch und Musiker immer treu, die Qualität seines Schaffens – ob als Dirigent oder Komponist – stand stets an erster Stelle.

Neben der Biografie erschien auch eine Sammlung von Liedern und Klavierwerken Hermann Klees („Hermann Klee. Lieder und Klavierwerke“, Edition Musik Südost München). Darin werden 50 Lieder und fünf Klavierwerke des Komponisten zum ersten Mal veröffentlicht. Ein besonderer Stellenwert kommt hierbei den Vertonungen von Texten des Dichters Hermann Hesse zu.

Einige von Klees sinfonischen Werken werden demnächst in Temeswar erklingen, dargeboten vom Sinfonieorchester der Banater Philharmonie.

Franz Metz: Hermann Klee. Von Hamburg bis Temeswar. Ein Musikerleben in Dokumenten und Bildern. München: Edition Musik Südost, 2019. 288 Seiten, zahlreiche Bilder. ISBN 978-3- 939041-30-6. Preis: 10 Euro zuzüglich Versandkosten. Zu bestellen über jede Buchhandlung oder per Telefon/Fax 089 / 45011762 bzw. per E-Mail an franzmetz@aol.com.