zur Druckansicht

Veranstaltungsreihe der Evangelischen Kirche im Banat

Vortrag und Podiumsgespräch in der Evangelischen Kirche Nadlak. Vorne Prof. Dr. Karl Schwarz (Wien), links am Podium Pfarrer Juraj Balint (Nadlak), Bischof Dezsö Adorjani (Klausenburg), Pfr. Walter Sinn (Semlak), Bischof Reinhart Guib (Hermannstadt). Foto: Adi Ardelean

Vom 5. bis 7. April 2019 trafen im Rahmen des Projektes „Gesichter – Grenzen – Geschwister“ im Banat Gäste und Einheimische zusammen. Die Gäste konnten feststellen, dass ihnen zwar vieles im Vorhinein bekannt war, aber es dann letztendlich doch nicht ganz so war. Wie etwa Luthers urbekanntes Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“, welches in der Kirche von Liebling überraschend mit Gitarrenbegleitung im Dreivierteltakt gesungen wurde und dann in der slowakischen Kirche zu Nadlak als Marsch, mit Bläsern und Trommelwirbel präsentiert wurde. Das konnte die Nicht-Banater dann doch sehr wundern, und nicht nur das.

„Ein feste Burg ist unser Gott“

Begonnen hat die Veranstaltungsreihe am Freitag im Temeswarer Adam-Müller-Gutenbrunn-Haus, wo das Banater Forum freundlicher Gastgeber war. Für das Haus begrüßte Forumsvorstand Erwin Josef Ţigla aus Reschitza und hob hervor, dass es die erste evangelische Veranstaltung in diesen Räumen sei. In die Ausstellung „Gesichter“ führte Bischof Reinhart Guib aus Hermannstadt ein und über die Kirchengeschichte der Region sprach Bischof Dr. Pál Lackner aus Budapest. Den größten Applaus erhielt allerdings der römisch-katholische Diözesan-bischof Josef Csaba Pál, als er am Mikrofon gelassen verkündete: „Ich bin auch Teil der Evangelischen Kirche!“ Er leitete es von der Tatsache ab, dass wir in Christus doch alle Brüder und Schwestern seien. So erfuhren die Banat-Nicht-Kenner durch diesen Kracher, dass die ökumenischen Beziehungen hier viel lockerer sind als vielleicht in anderen Ländern und Landesteilen.

Am Samstag wurde sodann in der einstigen schwäbischen evangelischen Großgemeinde Liebling eine Andacht durch Dechant Dr. Wolfgang Wünsch gefeiert. Dazu sang der Franz-Stürmer-Chor aus Reschitza. Kuratorin Eva Popescu, die die sehr wenigen Gemeindeglieder vor Ort vertritt, hatte die halbfertig renovierte Kirche – übrigens mit der höchsten Kanzel der Landeskirche – zum Glänzen gebracht. Nach den schon erwähnten Gitarrenklängen ging es zu dem Denkmal für die Kriegstoten, wo ersichtlich war, dass die Gemeinde allein im Ersten Weltkrieg 150 Verluste zu ertragen hatte. Nach kurzen Worten von Herta Daniel vom Verband der Siebenbürger Sachsen aus München legte die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien einen Kranz durch Dr. Berthold Köber (Flacht) und Hauptanwalt Friedrich Gunesch (Hermannstadt) nieder. Gleiches tat das Banater Forum. Danach ließ es sich die Kuratorin der 20 Seelen nicht nehmen, zu Tisch zu bitten.

Weiter stattete die „Gesichter“-Karawane dem Ort Kovačica einen offiziellen Besuch ab, wo der slowakische Senior des serbischen Banates Pavel Sklenar mit Stolz über seine Gemeinde berichtete. Überrascht zeigten sich viele, dass im Banat und der Batschka Kirchengemeinden mit über 4000 evangelischen Seelen zu finden seien. Die gesamte Slowakisch-Evangelische Kirche A.B. in Serbien, mit Bischofssitz in Neusatz/Novi Sad, zählt 49000 Mitglieder. Über deren Herausforderung erzählte Eva Hlavati vom Neusatzer Bischofsamt. Nicht nur der Glaube lässt sich durch Grenze nicht trennen, sondern auch die Gastronomie. Traditionelle Banater Speisen bis hin zu den Fleischknödeln mit Kirsch- oder Krensoße mussten gekostet werden. Den Abschluss des Tages bildete für die Delegation der ungarische Teil des Banats.

Der Höhepunkt der „Gesichter“ war jedoch der sonntägliche Gottesdienst in Nadlak, einer Kirchengemeinde, die bis zum Jahre 1953 zu der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien gehörte. Jetzt bildet sie – zusammen mit Butin und Vukova – das slowakische Dekanat innerhalb der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Rumänien. Der eindrückliche Einzug von Pfarrern, Kuratoren, Gästen und Bürgermeister fand auf „Ein feste Burg ist unser Gott“ mit slowakischem Text und unter Trommelwirbel statt. Über 250 Gemeindeglieder hatten sich eingefunden, um der gesungenen Liturgie der drei Pfarrer Juraj Bálint, Ľudovít Bobcsok und Dušan Vanko sowie der rumänisch gehaltenen Predigt von Bischof Dezső Adorjáni (Klausenburg) zu folgen. Dieser rief in unruhigen Zeiten zu moralischer Haltung auf. Wie anders sah der Ort heute für diejenigen aus, die ihn nur von der eiligen Durchfahrt zur Grenze kannten!

Der anschließende Vortrag des Wiener Professors Dr. Karl Schwarz zeigte noch einmal das Bunte des Banats – von israelitischen Schwaben zu katholischen Serben – auf. Das Podium über die Gegenwart und Zukunft des evangelischen Banats wurde von Bischof Reinhart Guib geleitet. Es kamen zu Wort Bischof Adorjáni für die ungarischen Lutheraner, Pfarrer Walther Sinn für die deutschen und Pfarrer Bálint für die slowakischen. Ein heikles Thema, da alle drei Gemeinschaften mit Schwund und Desintegration kämpfen, die einen mehr, die andern weniger. Es wurden als Wege in die Zukunft die Begriffe Ökumene, rumänische Sprache, Laienengagement, Schengen und intensivere Zusammenarbeit genannt. Doch alles in allem war die Botschaft des Podiums keine Vorstellung von Lösungen, sondern ein Rückgriff auf den Grund des Glaubens an Gott, der auch in aussichtslosen Situationen helfen kann. Unter Applaus deklamierte Pfarrer Bálint: „Cetate tare este Dumnezeul nostru! Hrad prepevný je Pán Boh náš! Ein feste Burg ist unser Gott! Erős vár a mi Istenünk!“

Dass das slowkische Dekanat Nadlak sich dann beim Essen mit Kovačica ein Fernduell um den Titel als beste Gastgeber geliefert hat, sei nur als Fußnote gesagt. Wichtiger jedoch die Tasache, dass Superintendent Wolfgang Rehner aus Graz mit seiner Tischrede die Stafette der „Gesichter – Grenzen – Geschwister“ übernahm, die am 24./25. Mai als Doppelveranstaltung in Graz (Österreich) und Gornj Slaveci (Slowenien) Halt macht, um in die Christlichen Begegnungstage 2020 einzuführen.