zur Druckansicht

Grimme-Preis für Anca Miruna Lăzărescus Serienfilm „Hackerville“

„Hackerville“ − Staffel 1 (deutsche Sprachfassung), DVD-Cover

Anca Miruna Lăzărescu beim Lenautreffen 2017 Foto: Călin Piescu

Die Spur eines Hackerangriffs auf eine Frankfurter Bank führt nach Temeswar. Und die Ermittlerin des Bundeskriminalamts, die dorthin geschickt wird, hat ihre Wurzeln zufällig genau da und spricht auch rumänisch.  Sie erlebt in Temeswar viel Vertrautes, aber auch viel Fremdes, und die Zusammenarbeit mit den Kollegen und Behörden vor Ort ist nicht immer reibungslos.

Mit der sechsteiligen Fernsehserie ist es der Regisseurin Anca Miruna Lăzărescu mal wieder gelungen, die zwei „Seelen in ihrer Brust“ feinsinnig und humorvoll zu verbinden.  Zum Beispiel bei Themen wie der gesunden Ernährung, der Pünktlichkeit oder der in Rumänien als befremdlich empfundenen Begrüßung einer Frau mit Handschlag. Die Aufnahmen zeigen (uns Banatern) sehr vertraute Szenen und Verhaltensweisen, zumal der Film im Original auch (zumindest was die Szenen in Rumänien anbelangt) rumänisch mit deutschen Untertiteln gedreht wurde. Für Kenner von Temeswar sind natürlich auch die sehr ansprechenden Aufnahmen (viele aus der Drohnen-Perspektive) der Stadt mit Spielfilmqualität ein optischer Genuss. Spannend ist auch der Plot, der sowohl Securitate-Relikte als auch die Korruptionspraktiken der Neureichen aufs Korn nimmt.

Anca Miruna Lăzărescu, eine aus Temeswar stammende Rumänin, die seit ihrer Kindheit in Deutschland lebt, hat mit ihrer Kenntnis der zwei Welten mit Sicherheit dazu beigetragen, die Handlung realistisch zu verzahnen. Dabei hat Anca Miruna Lăzărescu die Geschichte diesmal nicht selbst geschrieben. Anders als bei „Die Reise mit Vater“, wo es um die Aufarbeitung ihrer eigenen Familiengeschichte ging oder ihrem Debutfilm „Silent River“, der die Flucht zweier junger Männer über die Donau thematisiert.

Die  erste Staffel von „Hackerville“ wurde  mit dem Grimme-Preis 2019 ausgezeichnet. „Hackerville“ zeige ein Osteuropa jenseits der Klischees von Armutsmigration und Rückständigkeit, so die Begründung der Jury. „Es beseitigt diese Klischees nicht mit den Mitteln der Didaktik, sondern mit denen des Unterhaltungsfernsehens. Die Serie stellt auch Fragen nach Zugehörigkeit, Identität, Heimat. Aber es stellt sie für eine digital weltweit vernetzte Gesellschaft, nicht vor dem Hintergrund rivalisierender Nationalitäten. Es sind Fragen aus Sicht einer heutigen Generation, die längst Zugang zur westlichen Welt hat und doch eine moderne osteuropäische Identität besitzt.“

Da die Serie für TNT und HBO Europe produziert wurde, ist sie nur im Bezahl-TV zu sehen. Anlässlich des Grimme-Preises wurden zwei Folgen in ausgewählten Kinos im rumänischen Original gezeigt, das wird aber eine Ausnahme bleiben. Dennoch eine gute Nachricht für die „Fans“: Soeben ist die erste Staffel auf DVD und Blu-ray erschienen.  In der deutschen Fassung zwar, die mit Sicherheit viel von dem Charme des Originals einbüßt, aber immerhin.