Ein Rätsel zum Einstieg: „im wohlklang unverhohlen“ lautet der Titel des neuen Gedichtbandes von Edith Ottschofski. Etwas Verhohlenes wird nicht offen gezeigt oder geäußert – etwas Unverhohlenes dann doch? Und der Wohlklang ein augenzwinkernder Hinweis auf das, was die Leser in den Gedichten erwartet?
Die in Temeswar geborene Autorin, Journalistin und Übersetzerin verarbeitet auch in ihrem zweiten Lyrikband Themen aus dem eigenen Alltag: das Großstadtleben in ihrer Wahlheimat Berlin, die Jahreszeiten, Krankheit, Reisen – und immer wieder die Auseinandersetzung mit der alten und der neuen Heimat: „eine [Heimat] / in der ich geboren bin / und wahrscheinlich eine / fürs Grab“.
Im Vergleich zu ihrer ersten Gedichtsammlung „Der Schaum der Wörter“ hat Edith Ottschofski dieses Mal etliche Reagenzgläser und Bunsenbrenner in ihrem Sprachlabor abgebaut. Ihre Lyrik ist schildernder und weniger experimentell geworden. Doch hinter scheinbar eingängigen und mühelosen Formulierungen verbirgt sich vieles von großer Schwere, das vielleicht nur so gesagt werden kann. Wie ein bildender Künstler mit wenigen Strichen eine ganze Szenerie darstellen kann, vermag Edith Ottschofski eine Menge Leben in wenige Zeilen zu packen: „meine mama kochte immer so gern / und fragte stets, hast du was gegessen / wenn man traurig war und kam von weither / haben wir beim mahl zusammengesessen“.
Es ist der Blick für die Alltagsmomente, der Ottschofskis Lyrik auszeichnet, und ihre Fähigkeit, diese Momente mit Worten aus dem Einerlei herauszuheben – wohlklingend und ganz unverhohlen.
Der Gedichtband enthält bildnerische Arbeiten der ebenfalls aus dem Banat stammenden Schriftstellerin und Künstlerin Ilse Hehn.
Edith Ottschofski: im wohlklang unverhohlen. Gedichte. Mit bildnerischen Arbeiten von Ilse Hehn. Ludwigsburg: Pop Verlag, 2018. 108 Seiten. Preis: 16.50 Euro