zur Druckansicht

Einsatz für die Bewahrung der Identität der Banater Schwaben

Hans Bohn (1927-2017). Foto: privat

Hans Bohn gehört einer Generation von Banater deutschen Intelektuellen an, die – zwischen die Mühlsteine der Geschichte geraten – schuldlos großes Unrecht erlitt, aber, allen Verwerfungen und Unwägbarkeiten zum Trotz, durch ihr Wirken in Schulen, Medien und Kultureinrichtungen einen unschätzbaren Beitrag zur Bewahrung der Identität der Banater Schwaben erbracht haben. Auf Hans Bohn bezogen, fand dieses Wirken Ausdruck in einer dreißigjährigen Tätigkeit als Kulturredakteur der deutschen Sendung des Temeswarer Rundfunks wie auch in seinem schriftstellerischen Schaffen. Nach einem langen, erfüllten Leben ist Hans Bohn am 4. Oktober in Landshut gestorben.

Im Kindesalter erlebte der 1927 in Kleinsanktpeter/Totina in einer Landarbeiterfamilie geborene Hans Bohn einerseits die Blütezeit des Banater Deutschtums, andererseits dessen Ideologisierung und Vereinnahmung durch das Dritte Reich. Als die Katastrophe über die Rumäniendeutschen hereinbrach, war er Schüler der Temeswarer Banatia. Gerade 18 geworden, wurde er zur Zwangsarbeit ins Donezbecken verschleppt. Fünf Jahre seines jungen Lebens musste er im stalinistischen Inferno verbringen, dem auch sein Vater zum Opfer fiel. Kaum aus der Deportation heimgekehrt, ging es 1951 für weitere drei Jahre in die Kohlengruben des rumänischen Schiltals, wo er – da politisch unzuverlässig – seinen Militärdienst als Arbeitssoldat ableisten musste. Ab 1954 wieder in Temeswar, holte Bohn am Abendlyzeum das Abitur nach, fand eine Anstellung als Hilfslehrer im ehemaligen Annaheim in der Elisabethstadt und inskribierte als Fernstudent an der Fakultät für Geschichte der Universität Bukarest.

Im Jahr 1956 nahm sein Leben eine unverhoffte Wendung. Er wurde Kulturredakteur der neu gegründeten deutschen Abteilung des Temeswarer Rundfunks. Hans Bohn war dabei, als am 18. November 1956 die erste Sendung in deutscher Sprache ausgestrahlt wurde. Ausschlaggebend für seine Anstellung dürfte neben seiner „gesunden sozialen Herkunft“ seine literarische Betätigung gewesen sein, zumal er kein Parteimitglied war. Er hatte Gedichte und Erzählungen in der deutschen Presse Rumäniens und sogar einen Lyrikband („So hab ich das Leben lieben gelernt“, 1956) veröffentlicht und die Leitung des deutschen Literaturkreises „Nikolaus Lenau“ übernommen.

Als Kulturredakteur gelang es Bohn, dank der regen Zusammenarbeit mit Schriftstellern, Wissenschaftlern, Musikern, Sängern, Schauspielern und Künstlern und vor allem mit der deutschen Lehrerschaft im Banat, dank der Einführung neuer Sendungen wie „Menschen und Orte im Banat“, „Banater Land – Heimatland“, „Das lustige Viertelstündchen“, „Sie wünschen – wir spielen“, „Lyrikstudio“, „Hörspielstudio“ usw. immer mehr Zuhörer zu erreichen. „Es gab keine Theaterpremiere in Temeswar, keinen Laienspielwettbewerb, kein Musikfestival, kein Trachten- oder Kirchweihfest, das in der Sendung von Radio Temeswar kein Echo gefunden hätte“, schreibt Bohn in einem 2007 in der „Banater Post“ erschienenen mehrteiligen Rückblick auf die Rundfunkarbeit in deutscher Sprache. Dass sich die Sendungen großer Beliebtheit erfreuten, lässt sich allein schon an der hohen Zahl an Hörerzuschriften ablesen. Allein 1972, nach Einführung der beliebten Sendung „Sie wünschen – wir spielen“, erreichten die Redaktion über 14000 Zuschriften. Auf Anweisung von Elena Ceauşescu wurde die deutsche Sendung von Radio Temeswar im Januar 1985 von jetzt auf gleich abgesetzt und die deutsche Abteilung aufgelöst. Hans Bohn wurde in Rente geschickt. Drei Jahrzehnte lang hatte er mit Klugheit, Mut und Idealismus deutsche Kulturarbeit geleistet und sich um den geistigen Fortbestand unserer Volksgruppe verdient gemacht.

Mit seiner Ausreise nach Deutschland 1990 begann für Hans Bohn eine neue Schaffensperiode. Voller Elan widmete er sich neuen Tätigkeiten; er wurde Redakteur des Temeschburger Heimatblattes, arbeitete im Redaktionskollektiv des Heimatbuches „Temeschburg – Temeswar. Eine südosteuropäische Stadt im Zeitenwandel“ mit und übernahm die Schriftleitung der „Karlsbader Zeitung“. Vor allem aber wendete er sich der Schriftstellerei zu. Die Früchte seines literarischen Schaffens sind mehrere Bücher, in denen sich der Autor unter Rückgriff auf verschiedene literarische und publizistische Gattungen und unter Einbeziehung eigener Erlebnisse und Erfahrungen mit der Zeitgeschichte der Banater Schwaben und deren Schicksal differenziert und kritisch auseinandersetzt. Seine Erzählbände – „Im Acker der Zeit“ (1992), „Verlorene Heimat“ (1993), „Als die Schwalben heimwärts zogen“ (1998/1999), „Im Bann besiegelter Jahre“ (2007), „Der steinerne Reiter“ (2010) – schildern einschneidende Episoden aus den verhängnisvollen Jahren unserer jüngsten Geschichte und fügen sich zu einem aufschlussreichen Gesamtbild vom Leidensweg der Banater Schwaben im 20. Jahrhundert. 2011 brachte Bohn eine Anthologie seiner schönsten Gedichte mit dem Titel „Spiegelung der Freimütigkeit“ heraus. Am Ende seiner umfangreichen Publikationsliste steht die 2012 erschienene Aufsatzsammlung „Vom Aufbruch zur Wende (1700–2000). Das Banat als deutsche Heimat“, die einen weiten zeitlichen Bogen umspannt und verschiedene Aspekte der Siedlungs-, Politik-, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte beleuchtet.

Durch seinen Dienst für die Gemeinschaft auf kulturellem Gebiet und durch seine literarischen Veröffentlichungen hat sich Hans Bohn einen Platz im banatschwäbischen Pantheon gesichert.