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Reschitza gedenkt Josef Gerstenengst

Josef Gerstenengst an der Orgel. Einsender: DFBB

Josef Gerstenengst, der später als Orgelvirtuose weltweiten Ruf genießen sollte, wirkte zwölf Jahre lang, von  1946 bis 1958, als Kaplan an der römisch-katholischen-Kirche Maria Schnee in der Reschitzaer Altstadt. Davor war er nach seiner Priesterweihe im Februar 1945 kurze Zeit als Kaplan in Neuarad und anderthalb Jahre in Lenauheim tätig. Gerstenengst, 1920 in Tschakowa geboren, hatte in den 1930er Jahren das Deutsch-katholische Knabenlyzeum in der „Banatia“ in Temeswar besucht und ab 1939 ebenda Theologie studiert. Von Reschitza wurde er im Dezember 1958 als Seelsorger und Domorganist an die St.-Josefs-Kathedrale in Bukarest berufen, wo er bis zu seinem unerwarteten Tod am 9. Januar 1992 wirkte.

Gerstenengst, der zunächst dem Klavier zugetan war – er hatte bereits seit seinem sechsten Lebensjahr Klavierunterricht genommen, zunächst in Tschakowa bei Adele Sommer, später in Temeswar bei Professor Elisabeth Andrée –, wechselte erst während seines Theologiestudiums zur Orgel. Von 1946 bis 1949 vervollkommnete er seine Orgelstudien in Hermannstadt bei Professor Franz Xaver Dressler, dem Altmeister der Orgelkunst in Rumänien. Später prägte Gerstenengst selbst diese Kunst und machte sie auch weit über die Grenzen Rumäniens hinaus bekannt. Er gab hunderte Konzerte in ganz Europa und in den Vereinigten Staaten von Amerika und errang dank seiner brillanten Technik und fabelhaften Interpretation Weltruhm.

Anlässlich seines 25. Todestages  erinnerte der Kultur- und Erwachsenenbildungsverein „Deutsche Vortragsreihe Reschitza“ unter der Leitung von Erwin Josef Ţigla an den Meister der Orgel, der das Reschitzaer Musikleben in besonderer Weise geprägt hat. In einem Gespräch, das der Organist und Musikwissenschaftler Franz Metz mit Gersten-engst ein halbes Jahr vor dessen Tod in Bukarest geführt hat, sagte der berühmte Musiker auf seine Zeit in Reschitza zurückblickend: „Es gab viele Kirchenkonzerte, eine Mozart-Feier, eine 80-Jahr-Feier des dortigen Kirchenchores. Dirigent war ein gewisser [Engelbert] Kontur und Organist war Herr [Emil] Kammergruber, später wurde Kammergruber Dirigent und ich Organist. Ich spielte aber nur, wenn der Chor gesungen hat, sonst gab es ja einige Organisten, die die deutschen und ungarischen Messen spielten. An der dortigen Wegenstein-Orgel gab ich so manches Konzert. (...) Regelmäßig fanden Kammermusikabende statt, in Reschitza gab es damals mehrere Quartette, und es wurde viel musiziert.“

Der Kultur- und Erwachsenenbildungsverein „Deutsche Vortragsreihe Reschitza“ gab einen philatelistischen Sonderbrief und einen entsprechenden Sonderstempel heraus, der auf die gesamte Korrespondenz appliziert wurde, die am 9. Januar das Postamt Reschitza 1 verlassen hat. Am 27. Januar veranstaltete der Verein eine Gedenkmesse und ein Konzert in memoriam Josef Gersten-engst in der Reschitzaer Kirche Maria Schnee, seinem einstigen Wirkungsort als Seelsorger und Organist. Die heilige Messe wurde von Domherr József Csaba Pál, Erzdechant des Banater Berglands, zelebriert. In seinen Einführungsworten und zum Schluss der Predigt erinnerte Domherr Pál an die Zeit Gerstenengsts in Reschitza und hob sein außergewöhnliches musikalisches Talent hervor, das er in jenen Jahren bis zur Konzertreife entwickelte.

Nach dem Gottesdienst sprach Georg Colţa, pensionierter Deutschlehrer und Leiter des „Harmonia Sacra“-Kirchenchors der Pfarrei Maria Schnee, über das Leben und Wirken von Josef Gerstenengst. Von Colţa ist auch eine Würdigung des Organisten und Seelsorgers in der Ausgabe der „Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien“ vom 6. Januar 2017 erschienen. Die deutsche Sendung des Temeswarer Rundfunks erinnerte am 9. Januar ebenfalls an Gerstenengst. Redaktionsleiterin Astrid Weisz sprach über sein Wirken mit dem Musikologen Prof. Dr. Damian Vulpe und Georg Colţa.

Krönender Abschluss der Gedenkenveranstaltung war das von den Organisten Cristian Roşoagă und Christine Maria Surdu (beide Reschitza), den Volinisten Lucian Furda (Klausenburg) und Bianca Zăgrean (Sathmar), dem Kontrabassisten Eduard Gentile Ailenei (Reschitza) und dem Tenor Georg Colţa bestrittene Konzert. Zu Gehör gebracht wurden Stücke von Arcangello Corelli, Luigi Cherubini, Antonio Vivaldi, Giovanni Bottesini und César Franck. Zum Schluss erklang eine Improvisation auf das Thema des bekannten Kirchenliedes „Großer Gott, wir loben dich“.

In der Kirche war auch eine kleine Dokumentationsausstellung zu Monsignore Josef Gerstenengst zu sehen, der – obwohl zu einem weltweit bekannten und geschätzten Musiker avanciert – regelmäßig ins Banat kam, um Konzerte in seiner Heimatgemeinde, in Temeswar und in Reschitza zu geben.