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Impressionen einer Reise ins Banat (Teil 1)

Der Platz vor dem Temeswarer Dom ist eine riesige Baustelle; es werden neue Rohre und Leitungen verlegt.

Die Reisegruppe an einer beschaulichen Mineralwasserquelle in Lippa. Foto: Alexander Stocker

Banatschwäbische Traditionen und rumänische Gastfreundschaft erlebt

Anni Fay lud mich ein, sie und eine Gruppe ehemaliger Banater vom
1. bis 6. August bei einem Besuch in ihrer früheren Heimat zu begleiten. Da habe ich nicht lange überlegen müssen, da bin ich gleich mitgefahren, besser gesagt von München nach Temeswar mitgeflogen. Und wenn man eine Reise tut, kann man was erzählen.

Doch zunächst möchte ich mich kurz vorstellen. Ich bin Oberpfälzer aus Breitenbrunn-Dürn, das liegt etwa in der Mitte zwischen Nürnberg und Regensburg. Studiert habe ich in Eichstätt und Freiburg. 1967 wurde ich zum Priester geweiht. Nach einigen Kaplansjahren in Kipfenberg und Greding war ich Jugendpfarrer im Landkreis Eichstätt. 1980 wurde ich zum Pfarrer der Gemeinde „Heilige Familie“ in Nürnberg berufen. Dort blieb ich 26 Jahre lang bis zu meinem Ruhestand, den ich nun wieder in meiner angestammten Heimat verbringe. Und als „Ruheständler“ hat man nun auch Zeit und Muße, dann und wann eine schöne Reise zu machen, zum Beispiel nach Rumänien.

Woher kenne ich Anni Fay? Sie war die tüchtige Leiterin unseres Kindergartens „Heilige Familie“ in Nürnberg, zudem Sängerin im Kirchenchor und Mitglied des Pfarrgemeinderates. Die Pfarrgemeinde liegt am südlichen Rand von Nürnberg und umfasst noch zwei in Schwabach liegende Filialen. Eine davon ist das Wohngebiet von Anni Fay, die ja auch tatkräftig im Kreisverband Roth/Schwabach der Banater Schwaben mitwirkt. In meiner Pfarrei gab es neben zahlreichen Spätaussiedlern aus Russland und Polen auch viele Gemeindemitglieder, die aus Rumänien gekommen waren, und die mir oft von den äußerst bedrückenden Verhältnissen während der kommunistischen Gewaltherrschaft erzählten. Also hatte ich schon eine Ahnung vom oft schweren Schicksal dieser Menschen.

Besuch in Temeswar

Unsere Reisegruppe bestand aus den Mitgliedern des Kreisverbandes Roth/Schwabach: Angela Schmidt (Vorsitzende), Albert Seifert, Ferdinand Lenhardt, Anni Fay, dazu deren Schwester Marlene Stocker mit Ehemann Alexander. Ich war der Gruppe nicht ganz fremd. Verschiedene pastorale Ereignisse hatten mich in der Vergangenheit mit einigen in Verbindung gebracht. So erinnerte mich Angela Schmidt gleich am Flughafen München daran, dass ich ihre beiden Töchter getauft und zur Erstkommunion geführt hatte.

Anni Fay hatte alles bestens organisiert: die Reise, zwei Mietautos in Rumänien, das Programm, die Unterkunft, sogar eine Weinprobe. Am Flughafen Temeswar bestiegen wir unsere Mietautos und fuhren zum Quartier, das war die Wohnung des evangelischen Pfarrers Zsombor Kovács und seiner Familie. Die evangelische Kirche steht in unmittelbarer Nähe zum katholischen Dom, daneben das Pfarrhaus. Finanzielle Unterstützung erhält die Kirchen-gemeinde von der evangelischen Gemeinde Berchtesgaden, deren Mitglieder Marlene und Alexander sind. Die beiden stellten auch den Kontakt zu Zsombor her, wie wir den Pfarrer einfach nennen. Zsombor, in dessen Adern ungarisches Blut fließt, ist sehr kontaktfreudig und übt seinen Beruf leidenschaftlich und gerne aus. Seine Gottesdienste sind dreisprachig: rumänisch, ungarisch und deutsch. Bei meinem ersten Besuch mit dem Ehepaar Fay in Rumänien vor drei Jahren feierte ich mit Pfarrer Kovács einen ökumenischen Gottesdienst in seiner Kirche, bei dem ich die Ansprache hielt. Dabei fiel mir auf, wie er in spiritueller Tiefe und in liebevoll lockerer Hinwendung zur Gemeinde Liturgie feierte. Bei ihm und seiner Frau, die ebenfalls Pfarrerin ist und eine eigene Gemeinde leitet, waren wir also als Gäste herzlich willkommen.

Am Nachmittag sahen wir im bischöflichen Ordinariat vorbei. Claudiu Călin, Archivar der Diözese, führte uns durch das Diözesanmuseum. Auf dem Weg ins Ordinariat begegneten wir überall Baustellen. Der ganze Platz vor dem Dom ist eine riesige Baustelle. Es wird Erdreich ausgehoben, es werden neue Kanalrohre und Leitungen verlegt. Dabei kommen allerlei alte Mauerreste, Fundamente und Gewölbe zum Vorschein, Zeugnisse vergangener Zeiten. So verweisen etwa Kamelknochen auf die Zeit türkischer Besatzung, während römische Ziegelreste daran erinnern, dass das alte Imperium Romanum auch das Gebiet des heutigen Rumänien umfasste. Die vielen Baustellen mögen momentan für die Passanten als hinderlich erscheinen, sie sind aber doch positive Zeichen dafür, dass notwendige Renovierungen geschehen. Außerdem wurde uns gesagt, dass an manchen archäologisch wichtigen Stellen Glasplatten verlegt werden. So kann man beim Überqueren der schönen, großen Plätze auch einen Blick in die Vergangenheit von Temeswar werfen.

Am Abend des ersten Tages gab es noch einen sehr angenehmen Programmpunkt: Orgelkonzert in der Domkirche. Diese kann man momentan auch nur auf Brettern und vorbei an einem engen Bauzaun erreichen. Auf dem Programmzettel waren Werke von Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Franz Limmer, Martin Lichtfuss, Wolfgang Amadeus Mozart, Marcel Dupré, Charles Gounod angekündigt. Die Veranstaltung war als Benefizkonzert zur Unterstützung der Restaurierung der Basilika Maria Radna deklariert. Das geräumige Gotteshaus füllte sich schnell mit Menschen. Nach einer kurzen Einführung durch den Ökonom der Diözese, Nikola Lauš, begann das Konzert. An der Orgel saß Franz Metz (München). Solisten waren Nicoleta Colceiar (Temeswar), Sopran, und Wilfried Michl (München), Bariton. Es war ein schönes und kunstvolles Erlebnis: der ehrwürdige Dom im abendlichen Dämmerlicht und erfüllt von den Klängen der Orgel und des gelungenen Gesangs. Die Besucher waren zufrieden und spendeten reichlichen Beifall.