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Kulturstaatsminister Neumann zu Besuch im IKGS München

Prof. h.c. Dr. Stefan Sienerth stellt Staatsminister Bernd Neumann das IKGS vor. Rechts im Bild: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Anton Schwob, Vorstandsmitglied des IKGS

Dr. Dr. Gerald Volkmer präsentiert dem Gast Landkarten und alte Drucke aus dem Besitz des IKGS.

Staatsminister Bernd Neumann und sein Mitarbeiterstab werden vor dem IKGS freudig empfangen. Fotos: Walter Tonţa

Das Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München (IKGS) wurde 2001 in der Nachfolge des Südostdeutschen Kulturwerks (SOKW) als wissenschaftliche Forschungseinrichtung neu gegründet. Aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages wird die Einrichtung vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gefördert. Als vor einem Jahr das sechzigjährige Bestehen des (mittlerweile aufgelösten) SOKW und das zehnjährige Bestehen des IKGS im Rahmen einer Jubiläumstagung gefeiert wurden, zeigten sich die anwesenden Vertreter des BKM mit der bisherigen Arbeit des Instituts überaus zufrieden. Anerkennung erfuhr die sehr gute Leistungs- und Erfolgsbilanz des IKGS nun auch von höchster Stelle, anlässlich eines Besuchs des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann MdB, im Münchner Institut am 8. August.

Zunächst wurde dem Gast aus Berlin bei einem Rundgang durch das Institut die Einrichtung vorgestellt. Im Lesesaal der Bibliothek befragte Staatsminister Neumann die anwesenden Stipendiaten zu ihren Dissertationsthemen und Herkunftsorten. Im Archivraum wurden ihm Landkarten und alte Drucke aus dem Besitz des IKGS präsentiert. Der Staatsminister  erkundigte sich hierbei – auch vor dem Hintergrund seiner beiden Reisen nach Siebenbürgen – über die Geschichte der Siebenbürger Sachsen. An dem anschließenden Gespräch mit Kulturstaatsminister Bernd Neumann nahmen teil: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Anton Schwob (Vorstandsmitglied des IKGS), Prof. h.c. Dr. Stefan Sienerth  (Direktor des IKGS), Dr. Dr. Gerald Volkmer (stellvertretender Direktor des IKGS), Dr. Juliane Brandt (wiss. Mitarbeiterin des IKGS), Dr. René Kegelmann (wiss. Mitarbeiter des IKGS) sowie Mitarbeiterinnen aus dem BKM, darunter die  Leiterin des Referats K44, Ministerialrätin Sabine Deres.

Prof. h.c. Dr. Stefan Sienerth  begrüßte den hohen Gast und brachte seine Freude über das Wiedersehen nach der Begegnung in Fünfkirchen/Pécs im Oktober letzten Jahres zum Ausdruck, als die dortige Universität Staatsminister Neumann mit der Verleihung des „Doctor et Professor honoris causa“ geehrt hat. Der  Leiter des Instituts dankte dem BKM für die Einrichtung der  Stiftungsprofessur für deutsche Geschichte und Kultur im südöstlichen Mitteleuropa an der Universität Fünfkirchen und würdigte den Einsatz des Staatsministers für die Verstetigung der Professur, die trotz schwieriger politischer Verhältnisse in Ungarn erreicht wurde.

Staatsminister Neumann erinnerte daran, dass Dr. Sienerth damals  in Fünfkirchen die Einladung zu  einem Besuch im Institut für  deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas in München ausgesprochen habe. Jetzt habe sich die Gelegenheit ergeben, dieser Einladung Folge zu leisten. Dies, so Staatsminister Neumann, hänge auch damit zusammen, dass ihn die Einrichtungen sehr interessierten, die zu seinem Wirkungsbereich gehören. Er erwähnte auch, dass er viele Einrichtungen aus dem Förderbereich des § 96 BVFG bereits persönlich kenne. Sein großes Interesse an deren Arbeit sei auch durch seine westpreußische Herkunft bedingt, bekannte der Staatsminister.

Dr. Dr. Gerald Volkmer stellte sodann das IKGS und seine Arbeitsschwerpunkte vor. Aufgabe des IKGS ist die Erforschung und  Dokumentation der deutschen  Kultur und Geschichte im Beziehungsgeflecht der Kulturregionen Südosteuropas. In Kooperation mit Universitäten und Forschungseinrichtungen in Deutschland, Österreich, Ungarn, Rumänien, Moldau, Slowakei, Ukraine, Slowenien, Kroatien und Serbien fördert das IKGS durch Initiierung von Forschungsprojekten und Durchfüh-rung von Tagungen und anderen Fachveranstaltungen sowie Herausgabe von Publikationen den grenzüberschreitenden wissenschaftlichen Diskurs. Darüber hinaus führen die Institutsmitarbeiter Lehrveranstaltungen an der LMU München und an südosteuropäischen Partneruniversitäten durch und betreuen Studierende und Nachwuchswissenschaftler.

Das Institut gliedert sich in die Forschungsbereiche „Deutsche  Literatur- und Sprachgeschichte Ost- mittel- und Südosteuropas“ und „Geschichte Ost- mittel- und Süd-osteuropas“. Durch den institutseigenen Verlag, in dem jährlich mehrere Publikationen in der Schriftenreihe Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der LMU München herausgegeben werden, und die Institutszeitschrift Spiegelungen (vormals Südostdeutsche Vierteljahresblätter), die seit 1952 erscheint und ein breites Informationsspektrum zur Kultur und Geschichte der Deutschen und ihrer Nachbarn aus Ost- mittel- und Südosteuropa bietet, sowie durch seine Spezialbibliothek und sein Archiv ist das IKGS eine wichtige Kontakt- und Dokumentationsstelle und ein Ort kultureller Wirksamkeit für diesen Raum. Zudem ist das IKGS auch an der Herausgabe des wissenschaftlichen  Periodikums Danubiana Carpathica – Jahrbuch für Geschichte und Kultur in den deutschen Siedlungsgebieten Südosteuropas beteiligt. Die Arbeit des IKGS, so das Fazit des stellvertretenden Instituts-leiters, zeichnen drei Aspekte aus: intensive internationale Vernetzung, interdisziplinärer Zugang zum Forschungsgegenstand durch Verschränkung der beiden Forschungsbereiche Germanistik und Geschichte und breite Öffentlichkeitswirksamkeit.

Auf die Frage des Staatsministers Neumann eingehend, wie die Arbeit des IKGS in den ehemals kommunistischen Ländern gewürdigt werde und wie es um die Kooperationsbereitschaft der jeweiligen Institutionen bestellt sei, stellte der Leiter des Instituts die gute Zusammenarbeit mit germanistischen und historischen Lehrstühlen und Instituten sowie das große Interesse des wissenschaftlichen Nachwuchses heraus, was sich auch jüngst auf der Temeswarer Tagung „40 Jahre Aktionsgruppe Banat“ gezeigt habe. Die Referatsleiterin Sabine Deres wies ferner auf das ausdrückliche Lob der Kooperationspartner hin, das bei der Evaluation des Instituts im Jahr 2010 von diesen geäußert wurde. Professor Schwob fügte  ergänzend hinzu, dass die Akzeptanz des IKGS und der von ihm vertretenen Forschungsrichtung sowohl bei wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland und Österreich als auch in den Ländern des südöstlichen Europa sehr hoch sei, wozu die Tätigkeit der  Institutsmitarbeiter wesentlich beigetragen habe. Staatsminister Neumann bestätigte diesen Eindruck, indem er anführte, dass Botschafter aus den südosteuropäischen Ländern sich ihm gegenüber stets anerkennend über die Arbeit des IKGS geäußert hätten.

Gegenstand des anschließenden Gesprächs waren die wichtigsten Arbeitsfelder des IKGS, wobei auf die Forschungsprojekte des  Instituts, die Betreuung von Stiftungslehrstühlen an ausländischen Universitäten sowie die Betreuung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses näher eingegangen wurde.

Im Rahmen des Forschungsvorhabens „Rumäniendeutsche  Literatur im Spiegel- und Zerrbild der Akten des rumänischen  Sicherheitsdienstes Securitate“ wird ein wichtiger, bisher noch nicht aufgearbeiteter Teil der Nachkriegsgeschichte der Rumäniendeutschen beleuchtet und die  zentrale Frage eruiert, in welchem Maße die geheimdienstlichen  Aktivitäten das Leben und Werk rumäniendeutscher Schriftsteller beeinflusst haben. Die Nobelpreisverleihung an Herta Müller und die Enthüllungen über die Securitate-Verstrickung des Lyrikers Oskar Pastior, dessen Schicksal als Zwangsarbeiter in einem sowjetischen Arbeitslager von Herta Müller in ihrem Werk „Atemschaukel“ festgehalten wurde,  haben dieses Arbeitsfeld des IKGS in das Zentrum der Öffentlichkeit gerückt. Die Tagungen zur Securitate-Problematik (München 2009, Jena 2010, Klausenburg 2010) sind auf eine überwältigende  Resonanz in den deutschen und internationalen Medien gestoßen, wodurch die Tätigkeit des IKGS  eine breite Öffentlichkeitswirksamkeit erreichte. Der IKGS-Forschungsbereich „Geschichte“  ergänzt diese Thematik durch sein Projekt „Die Rumäniendeutschen im Spiegel der Akten der rumänischen Geheimdienste 1919–1989“, das auf die Diktaturerfahrungen der deutschen Minderheit im kommunistischen Rumänien unter Einbeziehung der Vorgeschichte fokussiert ist. Im Rahmen dieser Forschungsarbeit sollen  neben den Akten des Geheimdienstes Securitate auch jene der Siguranta aus der Zwischenkriegszeit und Kriegszeit erschlossen und ausgewertet werden.

Das IKGS betreute die vom BKM etablierten und geförderten Stiftungsprofessuren für Deutsche  Literatur im südöstlichen Mitteleuropa an der Universität Klausenburg / Cluj-Napoca (2004–2009) und für Deutsche Geschichte und Kultur im südöstlichen Mitteleuropa an der Universität Fünfkirchen / Pécs (2006–2011). Für deren Erfolg spricht auch die Weiterführung dieser Lehrstühle an den beiden Universitäten. Die Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses stellt eine zentrale Aufgabe des IKGS dar. Im Rahmen des Stipendienprogramms des IKGS begleiten die wissenschaftlichen Mitarbeiter des Instituts Arbeiten von Doktoranden, Magistranden und Studierenden und erstellen Gutachten für Dissertationen, Magis-terarbeiten und Publikationsvorhaben. Neben seiner Beteiligung am Graduiertenkolloquium zur  Geschichte und Gegenwart des Donau-Karpaten-Raums wird die Nachwuchsarbeit durch die Beteiligung des IKGS an der Graduiertenschule „Ost- und Südosteuropastudien“ der Universitäten München und Regensburg ab  November 2012 neue Impulse  erhalten. Diese wurde im Rahmen der Exzellenzinitiative der Bundesregierung bewilligt. Darüber hinaus fördert das IKGS die Internationale Siebenbürgische Akademiewoche des Kreises „Studium Transsylvanicum“, die alljährlich als Sommerakademie in Siebenbürgen stattfindet und Studenten sowie Jungakademiker aus Ost und West zusammenführt. Zum Abschluss des Gesprächs überreichte der Institutsleiter dem Gast ein Fotoalbum als Geschenk der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des IKGS, das Bilder von den  Besuchen des Staatsministers in Siebenbürgen (Hermannstadt und Heltau 2007, Radeln 2011) und in Fünfkirchen (2011) enthält. Er  werde das Fotoalbum gerne in seine private Sammlung aufnehmen, sagte Staatsminister Neumann sichtlich erfreut. Am Ende seines Besuchs stellte sich der Staatsminister den Fragen der Pressevertreter der Siebenbürgischen Zeitung und der Banater Post.