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Auf Spurensuche im Banat: Eine Familienreise nach Morawitza

Das Elternhaus der Großmutter in der Mühlengasse um ca. 1930 Foto: privat

Das gleiche Haus mit unserer Besuchsgruppe im April 2025 Foto: privat

„Na, na, mir war’n net verwandt!“ Das sagte unsere Stollmayer-Oma immer, wenn sie nachmittags gemütlich im Wohnzimmer saß, sich die Bilder im Morawitza-Heimatbuch ansah und ihren Enkelkindern Geschichten von „Daham“ und den Stollmayers dort erzählte. Denn in Morawitza gab es viele Menschen mit diesem Namen – mit deren Geschichten sind wir groß geworden. Ob all die Stollmayers aus dem Banater Dorf wirklich nicht miteinander verwandt waren, wo 1792 doch nur zwei Brüder in Morawitza ansässig wurden? Aber im Verlauf von sechs Generationen bis 1944 können solche familiären Bezüge durchaus verloren gehen.

Unsere Oma lebt leider schon lange nicht mehr und unser Opa starb schon 1962. Nun ist im Februar mit ihrem ältesten Sohn Wenzl der Letzte gegangen, der in der Familie noch Erinnerungen an „Daham“ hatte und Geschichten von dort erzählen konnte.
Wer hält nun die Erinnerung wach? Was verbindet uns in Deutschland noch mit diesem Abschnitt der Familiengeschichte?

Diese Fragen gaben uns den Anstoß, kurz vor Ostern spontan nach Rumänien zu reisen, um dort im Banat auf Spurensuche zu gehen. Wir, das sind die Tochter unserer Oma (geboren 1943 in Morawitza und 1944 geflüchtet), die drei Enkelkinder, wie auch zwei der sechs Urenkel. Ein wenig Vorbereitung brauchte es allerdings schon. Tatkräftig unterstützt wurden wir dabei von Peter Leber von der Landsmannschaft der Banater Schwaben sowie von Günter Schick, dem Vorsitzenden der HOG Morawitza. Diesen helfenden Händen sind wir sehr dankbar! Ohne sie wäre unsere Suche nicht so erfolgreich verlaufen, und manche Spur wäre unentdeckt geblieben.

Gefunden haben wir vor allem sehr nette Menschen und viele Anregungen für weitere Besuche. Gefreut haben wir uns über den guten Zustand des ehemaligen Hauses unserer Großeltern in Morawitza und über eine von unseren Verwandten gestiftete Dominikus-Skulptur, die vom jüngsten Urenkel in der dortigen Kirche entdeckt wurde. Lange sind wir durch die alte „Kerchegass“ und die alte „Mühlegass“ gelaufen. Wir sind durch den Friedhof gegangen, auf dem tatsächlich viele Stollmayers bestattet sind. Die Gräber sind allerdings mittlerweile nur noch schwer zugänglich, manche Inschrift kaum mehr zu entziffern. Wir genossen von hier aus den herrlichen Blick auf das Dorf, das ebene Land, das Banater Bergland und im Hintergrund die schneebedeckten Spitzen der Südkarpaten.

Die Kirche zu sehen, die aus dem Geburtsjahr unserer Oma stammt (1911) und in der ihr ältester Sohn und ihre Tochter getauft wurden, die Wege zu beschreiten, die sechs Generationen unserer Vorfahren beschritten haben, in die Ackererde zu fassen, die unsere Ahnen bearbeitet haben, all das hat unsere Verbundenheit zu den Geschichten unserer Oma und zu ihrer alten Heimat vertieft.

Im Archiv der Diözese in Temeswar wurden wir von Claudiu Călin, dem sehr freundlichen Archivar, empfangen. Sein erstaunlich großes Wissen über Geschichte und Menschen im Banat hat uns außerordentlich bereichert. Beim Blick in die alten Aufzeichnungen der Einwanderer waren wir erschüttert über die hohe Kindersterblichkeit. Wie schwer war doch der Weg unserer Vorfahren, bis er letztlich zum „Brot“ führte!

Einen Aha-Moment hatten wir, als wir im Taufregister entdeckten, dass wir den Geburtstag unserer Oma immer am falschen Tag begangen haben. Warum? Es gibt Geheimnisse, die bleiben im Dunkeln – auch das ist eine Erkenntnis unserer Reise. Für die meisten in unserer kleinen Reisegruppe war dies der erste Aufenthalt im Banat, und er war ein voller Erfolg.

Liebes Banat, wir kommen sehr gerne wieder! Zum Abschluss: Demnächst treffen wir uns zum gemeinsamen Kochen einer „Morwitzer Speis“ nach Omas Rezepten!