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Wochenendseminar in Bad Kissingen: Lippa und das Arader Land

Knapp 50 Geschichts- und Kulturinteressierte nahmen an dem Wochenendseminar teil. Fotos: Hans Rothgerber

Anfang April fand in Bad Kissingen das dritte, Lippa und dem Arader Land gewidmete Banater Städteseminar statt.

Das Stadtbild Lipovas ist von dem türkischen Basar, einem Überrest der alten Festung geprägt.

Das historische Rathaus in Arad wurde in den Jahren 1872 - 1875 erbaut.

Kloster und Kirche Maria Radna aus der Vogelperspektive betrachtet.

Die einst mächtige Burg Schoimosch thront auf einem 252 Meter hohen Felskegel über dem Maroschtal. Drohnenaufnahme von Hans Rothgerber

Die zweimal im Jahr in Bad Kissingen stattfindenden Wochenendseminare zu Banater Themen haben sich als Veranstaltungsformat mittlerweile etabliert. Die Reihe der Banater Literaturseminare startete 2022, jene zur Banater Stadtgeschichte im Jahr darauf.  Den Anfang machte Reschitza, 2024 standen die Kleinstädte Großsanktnikolaus und Hatzfeld im Fokus. Das diesjährige Seminar war Lippa und dem Arader Land gewidmet. Konzipiert wurde es von Astrid Ziegler, die namhafte Referenten gewinnen und ein vielversprechendes, inhaltlich breitgefächertes Programm zusammenstellen konnte. Mit ein Grund, dass sich am ersten April-Wochenende knapp fünfzig Geschichts- und Kulturinteressierte – erfreulicherweise nicht nur Banater – in der Bildungs- und Begegnungsstätte „Der Heiligenhof“ zu dem durch das Kulturwerk Banater Schwaben e.V. geförderten Seminar einfanden.

Burgruinen im Arader Land
Am Freitag, nach dem Abendessen im neuen, geräumigen Speisesaal – der Erweiterungsbau mit Neubau von Küche, Speisesaal und Veranstaltungsräumen steht kurz vor der Fertigstellung –, gefolgt von der Begrüßung der Teilnehmer und Referenten durch Astrid Ziegler, die auch in das Thema des Seminars einführte, erfolgte der Einstieg in das Programm mit der Bildpräsentation „Burgruinen im Arader Land“ von Hans Rothgerber. Anhand zahlreicher aktueller Aufnahmen und konziser geschichtlicher Hintergrundinformationen stellte der Fotograf und Mediendesigner die Ruine der Propsteikirche von Orod auf dem Gebiet der Gemeinde Glogowatz sowie die Burgruinen von Pankota, Hellburg und Schoimosch vor. Während den im 12. und 13. Jahrhundert errichteten Burgen, deren Besitz mehrfach wechselte, eine große strategische und militärische Bedeutung zukam, spielte die Propstei Orod als kirchliche Institution und Glaubwürdiger Ort eine wichtige Rolle. Rothgerber ging auch auf die sogenannte Oroder Blutsversammlung von 1131 ein, bei der König Béla II. der Blinde alle Adligen umbringen ließ, die vermutlich bei seiner von König Koloman, seinem Onkel, angeordneten Blendung mitgewirkt hatten. Die Burgruinen von Hellburg und Schoimosch sind heute beliebte Ausflugsziele.

Näheres über die Burg Schoimosch erfuhren die Seminarteilnehmer aus dem anschließend gezeigten Video „Eine Burg im Spiel der Könige“. Das Video von Astrid Ziegler (Text und Sprecherin) und Hans Rothgerber (Bildmaterial und Schnitt) greift eine Episode aus dem ungarischen Thronstreit in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf, zu dessen Schauplätzen zeitweilig die Burg Schoimosch zählte. In Anlehnung an das Schachspiel, das auch als „Spiel der Könige“ bezeichnet wird, präsentieren die Macher des Videos die Protagonisten dieses Kampfes um Macht und Vorherrschaft als Figuren in einem strategischen Spiel, was zum besseren Verständnis des Sachverhalts beiträgt. Die zentralen Figuren sind die beiden Gegenkönige Ferdinand I. von Habsburg und Johann Zápolya, der türkische Sultan Süleyman der Prächtige, der Großwardeiner Bischof und spätere Kardinal Georg Martinuzzi und – nach Zápolyas Tod – dessen Witwe Isabella und ihr gemeinsamer Sohn Johann Sigismund, denen die Burg Schoimosch 1541-1542 als Wohnsitz diente. Dieser Historienkrimi kann auf dem YouTube-Kanal banat tour angesehen werden.

Die Burg und der Marktflecken Lippa
Am Samstagmorgen begrüßte der Studienleiter des „Heiligenhofs“, Gustav Binder, die Gäste, wonach der Historiker Josef Wolf, ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde Tübingen, über „Lippa im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit“ referierte. Das Hauptaugenmerk lag auf dem fortdauernden Wechsel der Herrschaft über die Burg Lippa seit dem 13. Jahrhundert und der damit zusammenhängenden Entwicklung der Zivilsiedlung, die den Rechtstatus eines Marktfleckens hatte. 1440 wurde Lippa als Teil der Herrschaft Schoimosch dem siebenbürgischen Woiwoden Johannes von Hunyad verliehen. 1509 kamen die beiden Burgen in den Besitz des Markgrafen Georg von Brandenburg. 1527 wurde die Burg Lippa zum Sitz des ungarischen Königs Johann Zápolya, der den Marktflecken 1529 zu einer königlichen Freistadt erhob und die beiden Burgen 1540 seiner Frau, Königin Isabella, schenkte. An der Schnittstelle der Territorialambitionen von Habsburgern, Osmanen und Siebenbürgern wurde Lippa nach der Eroberung Mittelungarns durch Sultan Süleyman im Jahr 1541 für wenige Jahre zur königlichen Residenzstadt. 1552 kommt Lippa unter die Herrschaft des Halbmonds. Die Burg wurde aufgrund ihrer strategischen Lage ein wichtiger Standpfeiler des osmanischen Festungssystems. Hart umkämpft war sie vor allem im „Langen Türkenkrieg“ (1593-1606). Während des Großen Türkenkriegs (1683-1699) von beiden kriegführenden Mächten stark in Mitleidenschaft gezogen, wurde die Burg auf Grund der Bestimmungen des Friedensschlusses von Karlowitz 1699, der die Gebiete nördlich der Marosch dem Habsburgerreich zusprach, geschleift.

Im zweiten Teil seines Vortrags ging Josef Wolf auf die Siedlungsentwicklung in der Osmanischen Zeit und auf die Topographie Lippas und deren Veränderungen im habsburgischen Zeitalter bis Anfang des 19. Jahrhunderts ein. Salzhandel und Marktfunktion bestimmten den wirtschaftlichen Stellenwert des Marktfleckens, Sandschak- und Distriktsvororts Lippa sowohl in der ungarischen und osmanischen als auch in der habsburgischen Zeit. Im Mittelpunkt des letzten Abschnitts standen die Menschen, die den Raum seit dem Spätmittelalter bewohnt haben und der Wandel der ethnokonfessionellen Struktur vor dem Hintergrund des Herrschaftswechsels, der Abfolge von Krieg und Frieden. Durch die deutsche Ansiedlung kam es seit dem frühen 18. Jahrhundert (1724 erste deutsche Ansiedlung, Nachsiedlungen 1764 und 1784) erneut zu Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur von Lippa und seinem Umland.

Deutsche Ansiedler in der Arader Gegend
In ihrem Vortrag „Deutsche Ansiedler im Arader Gebiet. Akkommodation und Selbstzeugnisse“ thematisierte die Historikerin Marionela Wolf, ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Staatsarchiv Ludwigsburg, die deutsche Ansiedlung unter dem Gesichtspunkt der Akkommodation (Anpassung, Eingewöhnung). Bei der Ankunft der Einwanderer befanden sich die neuen Dörfer vielfach noch im Bau. Daher wurden die Neuankömmlinge zunächst in Privatunterkünften einquartiert. Die Hausbesitzer erhielten dafür von der Hofkammer „Schlafkreuzer“ (Quartiers- oder Unterhaltsgeld) – ein Kreuzer pro Kopf und Tag. Die Rechnungslegung weist in Lippa für den Zeitraum Juli 1785 bis Oktober 1786 206 einquartierte Familien mit 924 Personen aus. Hinzu kamen 29 Neugeborene. 212 Personen sind während der Eingewöhnungszeit gestorben. Anhand der Lippaer Hausbesitzer und der einquartierten Familien zeigte die Referentin Familienkonstellationen und Menschenschicksale auf. Das Konzept der Unterbringung bei der eingesessenen Bevölkerung – deutsche Altkolonisten, rumänische und serbische Familien – habe sich bewährt, so Wolf. Die Kolonistenverwaltung, deren Aufgabe darin bestand, den Neuankömmlingen die staatlichen Antizipationen – Lebensmittel, Medikamente und Geld – zukommen zu lassen und die Einquartierungen finanziell abzuwickeln, erhielt eine genaue Übersicht über die Ansiedler, die den Neusiedlungen zur Verfügung standen. Die Schlafkreuzerrechnungen böten zwar Informationen zur Akkommodation der Ansiedler, aber keinen tieferen Einblick in den Mikrokosmos der Akteure, betonte die Referentin. Dagegen eröffneten Briefe an zurückgebliebene Familienangehörige und Freunde einen einzigartigen Zugang zur Lebenswelt der Auswanderer.

Im letzten Teil ihres Vortrags ging Marionela Wolf auf die Inhalte von Auswandererbriefen ein, die im Zeitraum 1770-1800 verfasst worden sind und deren Absenderorte im Arader Gebiet und im Lippaer Hügelland liegen. In den Briefen fand weniger das manifeste Erscheinungsbild des Zielorts der Einwanderer seinen Ausdruck, eher verliehen die Absender der vorgefundenen Landschaft und deren Menschen ihre eigenen Vorstellungen. Ihre Inhalte sind einfach und in der Regel überhaupt nicht dramatisch. Die bisher von der Forschung nur spärlich herangezogene Quellengattung ermögliche es, so Wolf, nicht nur nach den Bindungen zur alten Heimat und nach dem Stellenwert verwandtschaftlicher Beziehungen im Zielgebiet zu fragen, sondern sei auch für die Herausbildung neuer Kommunikationsstrukturen und sozialer Bezugssysteme im Eingliederungsprozess aufschlussreich.

Die Revolution von 1848/49
Der dritte Vortrag dieses Tages war der Revolution von 1848/49 und der Kapitulation bei Világos (Şiria/Hellburg) gewidmet. Diplompädagogin Helga Ritter präsentierte das entsprechende Kapitel aus dem zweiten, noch nicht im Druck erschienenen Band ihres Mitmachbuchs „Das Banat (wieder) erkunden und entdecken“. Für die Seminarteilnehmer wurden die Kapitelseiten der digitalen Fassung freigegeben. Mit dem Heckerlied, dem Lied der von Friedrich Hecker angeführten Badischen Revolution, stimmte die Referentin auf die revolutionäre Atmosphäre ein, die im Frühjahr 1848 von Paris aus nahezu alle europäischen Länder ergriff. Sie ging auf die vielfältigen Ursachen der revolutionären Bewegung ein und verdeutlichte deren Ziele anhand der von Hecker verfassten 13 „Forderungen des Volkes“ und des 12-Punkte-Programms der ungarischen Revolution, die am 15. März in Pest ausgebrochen war.

Das Banat, eine Region im Spannungsfeld der Großmächte, geriet in der Revolution von 1848/49 in den Sog der europäischen Zeitläufte. In der Endphase der ungarischen Revolution, die sich ab Herbst 1848 zum Unabhängigkeitskrieg gegen die österreichische Vorherrschaft entwickelt hatte, war das Banat Hauptschauplatz der kriegerischen Auseinandersetzungen. Den Festungen Temeswar und Arad kam eine konfliktentscheidende strategische Schlüsselstellung zu. Helga Ritter ging auf die Kampfhandlungen im Banat, insbesondere auf die Belagerung der Festung Temeswar und den Kampf um Arad ein und schilderte den Ablauf der Ereignisse bis zu der durch das Eingreifen der russischen Armee auf Seiten der Österreicher hervorgerufenen Niederlage der ungarischen Armee und deren Kapitulation in Világos im August 1849. Verwiesen wurde noch auf den Abschiedsbrief des Generals Karl Graf zu Leiningen-Westerburg, einer der 13 in Arad im Oktober 1849 hingerichteten Befehlshaber der ungarischen Armee.

Einer der Hauptaugenmerke der Referentin war auf die Haltung der Banater Deutschen in den Revolutionsjahren 1848 und 1849 gerichtet, die gezwungen waren, sich zwischen Revolutionsregierung und kaiserlichem Hof zu entscheiden. Sowohl das Bürgertum als auch weite Teile der Landbevölkerung bekannten sich zur ungarischen Revolution, in der Annahme, dass die Regierung nicht mit dem Kaiser brechen werde. Erst als es zum militärischen Widerstand der Revolutionsregierung gegen den Kaiser kam und das Banat zum Schauplatz des Konflikts wurde, nahm die Anhänglichkeit an die Revolution ab. Die Deutschen im Banat erhoben erst in der postrevolutionären Ära Anspruch auf nationale Selbstbestimmung durch die sogenannte „Bogaroscher Schwabenpetition“.

Die Deutschen in Arad gestern und heute
„Die deutsche Minderheit im Kreis Arad. Eine historische und kulturelle Reise“ betitelte sich der nächste Vortrag. Der aus Arad stammende und als Tourismusmanager tätige Referent Cristian Sallai präsentierte zunächst einen kurzen Abriss der 300-jährigen Geschichte der Deutschen in der Arader Gegend, die hinsichtlich der Siedlungsgeschichte und der historischen Verläufe jener im historischen Banat ähnlich war. Etwas näher ging er auf die minderheitenrechtliche und -politische Stellung der Banater Deutschen im kommunistischen Machtgefüge, deren Bemühungen um den Erhalt ihrer ethnokulturellen Identität sowie auf die demografischen und siedlungsgeographischen Folgen der massenhaften Auswanderung der deutschen Bevölkerung ein. Laut Volkszählung von 2022 lebten in der Stadt und im Kreis Arad rund 2000 Deutsche.

Im zweiten Teil des Vortrags stellte Sallai die gegenwärtige Lage der deutschen Minderheit in Arad dar, die in dem 1990 gegründeten Demokratischen Forum der Deutschen in Arad als Gliederung des Regionalforums Banat organisiert ist und mit dem Arbeitskreis Banat-JA über eine aktive Jugendorganisation verfügt. Umrissen wurden die Aufgaben und Wirkungsbereiche des Arader Forums sowie die während seines 35-jährigen Bestehens auf kultureller, sozialer, wirtschaftlicher und politischer Ebene erzielten Erfolge. 2017 konnte der Vereinssitz im Stadtteil Neuarad eingeweiht und in der Folge zu einem Kulturzentrum ausgebaut werden, das seit 2023 über einen geräumigen Festsaal für größere Veranstaltungen verfügt. Mit einem großen Fest wurden im September 2023 das 300-jährige Jubiläum der Ansiedlung der Deutschen in Neu-Arad und das 200-jährige Jubiläum der Weihe der römisch-katholischen Kirche begangen. Ein Schwerpunkt der Forumsarbeit sei der Erhalt der deutschen Sprache und Kultur sowie die Pflege des banatschwäbischen Brauchtums, betonte der Referent und verwies auf die enge Bindung des Forums und seiner Jugendorganisation an das Adam-Müller-Guttenbrunn-Lyzeum in Neuarad wie auch auf die Bemühungen um den Erhalt beziehungsweise die Wiederbelebung der Kirchweihfeste im Kreis Arad. Die vorhandenen Strukturen (Kinder- und Jugendtanzgruppe, Theatergruppe, Chor usw.) und die vielseitigen Angebote (Spiel- und Bastelangebote für Kinder, periodische Treffen, traditionelle Feste und Feiern) sind der Beweis für ein rühriges Vereins- und Gemeinschaftsleben. Neben dem Erhalt des Erreichten wolle man sich in Zukunft auf den Aufbau eines Zentrums für soziale Belange, die Auflegung eines Bildungsprogramms für Jugendliche sowie die Förderung des Bildungswesens und Kulturlebens in deutscher Sprache konzentrieren, unterstrich Cristian Sallai zum Schluss.

Guttenbrunner Chronik 1724-2024
Mit der Gemeinde Guttenbrunn rückte eine südlich der Marosch gelegene Ortschaft in den Fokus der Seminarteilnehmer, die im vergangenen Jahr ihr 300-jähriges Gründungsjubiläum gefeiert hat. Hiltrud Leber, die Vorsitzende der Heimatortsgemeinschaft Guttenbrunn, stellte die zu diesem Anlass erschienene und von ihr verfasste Publikation „Guttenbrunn 1724-2024. Chronik des Ortes und der Heimatortsgemeinschaft unter Berücksichtigung der deutschen Einwohner“ vor. Man habe die Chronik als eine besondere Form der Geschichtsschreibung gewählt, um die in unterschiedlichen Quellen zu Guttenbrunn (Pfarrakten, bisher unveröffentlichte hand- und maschinengeschriebene Chroniken, Buchpublikationen) festgehaltenen ortsgeschichtlichen Ereignisse in einem Werk zusammenzufassen, betonte die Autorin. Entstanden sei eine nüchterne, faktenbezogene Dokumentation, ein dank der chronologischen Reihung der Ereignisse übersichtliches Nachschlagwerk, das durch eine reiche Bebilderung aufgewertet wird.

Hiltrud Leber griff sodann einige interessante Daten aus der Chronik heraus, unter anderem in Bezug auf die Gründung des Ortes im Jahr 1724 durch die Ansiedlung von 46 hauptsächlich aus dem Odenwald stammenden Familien und dessen demografische und bauliche Entwicklung, die Errichtung der Pfarrei 1729 und den Kirchenbau (1736/37 erste Holzkirche, 1766 Neubau, 1870-1872 heutige Kirche), die ersten dokumentarischen Belege zur Wendelin-Kapelle oder die Geburt Adam Müller-Guttenbrunns, des großen Sohnes der Gemeinde, 1852. Verwiesen wurde auch auf einige wichtige erhaltene Dokumente, wie die von Pfarrer Balthasar Paschinger verfasste „Historia Domus“, eine Manumissionsurkunde aus dem Jahr 1760 oder ein Heiratskontrakt von 1778.

Die Chronik dokumentiert auch die engen, von Professor Emil Maenner angebahnten Beziehungen zwischen Guttenbrunn und der Odenwälder Gemeinde Fürth, die bis in die 1930er Jahre zurückreichen und 1953 mit einer Patenschaft besiegelt wurden, sowie das Wirken der 1962 gegründeten Heimatortsgemeinschaft Guttenbrunn, deren Treffen seit 1963 in Fürth/Odenwald stattfinden. Zum Schluss wies die Referentin auf die großangelegte 300-Jahr-Feier in Guttenbrunn hin, zu der sich im vergangenen Sommer mehr als 300 Landsleute aus Deutschland eingefunden haben.

Die Weinstraße im Arader Land
Nach einem literarischen „Einschub“ mit Gedichten und kurzen Prosastücken des in Arad geborenen Schriftstellers Albert Bohn, vorgetragen von Astrid Ziegler, folgte ein Vortrag über die Weinstraße im Arader Land. An der Schnittstelle zwischen Geschichtswissenschaft und Touristik gab die Historikerin Astrid Ziegler, Gästeführerin der Stadt München und Betreiberin des Blogs banat-tour.de, einen Überblick über die konstante Bedeutung des Kulturguts Wein für die Region, zeigte aber auch die Widrigkeiten auf, mit denen sich der Weinbau durch die Jahrhunderte konfrontiert sah. Zunächst ging sie auf die für den Weinbau in der Region entscheidenden Standortfaktoren ein. Das Mikroklima der Region, das durch das Maroschtal und die Südwestlage der Hänge der Zarander Hügelkette beeinflusst wird, wie auch der an Metalloxiden reiche, auf Vulkangestein gebildete Boden begünstigen den Weinbau außerordentlich. Hinzu kommen für die Reifung der Trauben geeignete Faktoren, die aus der geografischen Lage resultieren. Auf dem 46. nördlichen Breitengrad gelegen (vergleichbar dem Burgund in Frankreich), bietet das ca. 50 Kilometer lange und ein bis vier Kilometer breite Weinbaugebiet zwischen Minisch und Pankota-Măderat die ausgedehnte Vegetationsperiode und intensive Sonneneinstrahlung, die nötig sind, um sowohl gehaltvolle Rotweine als auch schmackhafte Weißweine hervorzubringen.

Der Blick auf die Geschichte des Weinbaus im Arader Land, der in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts erstmals urkundlich erwähnt wird, zeige, so die Referentin, dass diese vielfältig mit der wechselvollen Geschichte der Region verknüpft sei, die zum mittelalterlichen Königreich Ungarn, zum Osmanischen Reich und zur Habsburgermonarchie gehörte und seit dem Ende des Ersten Weltkriegs Teil Rumäniens ist. Ein Exkurs mit Bildmaterial aus den 1960er und 70er Jahren illustrierte die Rebenveredelung in der Gemeinde Paulisch, deren schwäbische Bewohner sich durch die Herstellung und den Verkauf der „Pelzer“ ein Zusatzeinkommen verdienten. Heute ist das traditionsreiche Arader Weinbaugebiet als ein kleines Segment im Kontext der Erzeugung von Weinen in der EU zu sehen und weist einige Weinproduzenten auf, die zum Teil hochwertige Weine herstellen. Der Wein bleibt ein zentrales Kulturgut der Region, das nicht nur wirtschaftliche Bedeutung hat, sondern auch identitätsstiftend wirkt.

An die theoretischen Ausführungen schloss sich eine Weinprobe an. Es wurden Weiß-, Rot- und Roséweine aus der Region verkostet, darunter die bekannten ortstypischen Sorten „Cadarca“ und „Feteasca Neagră“.

Sanierung von Kloster und Kirche Maria Radna
Am Sonntagvormittag wurde das Seminar mit zwei weiteren Vorträgen fortgesetzt. Als erster referierte Herbert Habenicht über die Sanierung der Wallfahrtskirche und des Klosters Maria Radna. Der in Temeswar geborene und in München lebende Architekt war seit 2007 im Auftrag der Diözese Temeswar mit der Renovierung der Basilika und des Klosterkomplexes befasst. Der Referent bot eingangs in einem historischen Abriss einen Einblick in die Entstehungs- und Bauphasen des Sakralbaus und des dazugehörigen ehemaligen Franziskanerklosters, um dann mittels zahlreicher Fotos das bei der baukonstruktiven Bestandsaufnahme festgestellte Schadensausmaß aufzuzeigen. Durch die Umfunktionierung des Klosters zum staatlichen Altenheim zu kommunistischen Zeiten und mangelnden Bauunterhalt befand sich das Gebäude in einem desolaten Zustand. Auch die Basilika wies beträchtliche Schäden auf. Auf der Grundlage der Bestandsaufnahme erfolgte die Erstellung des Sanierungskonzepts.

Um die umfassenden und kostenintensiven Maßnahmen durchführen zu können, wurde ein Förderantrag auf Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ausgearbeitet, der ein Marketingkonzept beinhaltete. Das Konzept zur Renovierung der Kirche und des Klosters war Teil eines Gesamtprojekts zur Entwicklung des Kulturtourismus in der Region. Geplant waren unter anderem ein Informationszentrum für Touristen und ein Wallfahrtsmuseum. Die zuständige Agentur für Regionalentwicklung „ADR Vest“ genehmigte den Antrag im Jahr 2010. Die Unterzeichnung des Vertrags zur Finanzierung des Projekts zwischen dem rumänischen Ministerium für Regionalentwicklung und Tourismus und der Diözese Temeswar verzögerte sich bis 2012. Der Gesamtwert des Projekts belief sich auf über 47 Millionen Lei (10,5 Millionen Euro), wovon EU-Gelder etwa zwei Drittel ausmachten.

Die groß angelegten Sanierungsarbeiten begannen im Mai 2013. Die feierliche Segnung der Renovierungsarbeiten der Wallfahrtsbasilika Maria Radna fand am 2. August 2015 statt. Habenicht würdigte den Beitrag von Domkapitular Andreas Reinholz, der seit 2003 als Pfarrer von Maria Radna wirkt, zur Realisierung des Projekts, das dem Kulturdenkmal die ihm zustehende Bedeutung wieder zurückgegeben hat.

Eindrücke einer Reise ins Banat 1992
Thomas Dapper, der letzte Vortragende, überraschte das Publikum mit einem formvollendeten essayistischen Beitrag, der von einer Reise ins Banat mit einem Hilfstransport Anfang der 1990er Jahre handelte. Dapper, dessen Familie väterlicherseits aus Mramorak im serbischen Banat stammt, ist Autor, Filmemacher, Referent für Öffentlichkeitsarbeit bei der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen und stellvertretender Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Donauschwaben. Als er sich im Sommer 1992 als Zivildienstleistender beim Deutschen Roten Kreuz in Ludwigsburg mit einem Hilfskonvoi auf die Fahrt nach Rumänien begab, waren ihm das Land und die Zielregion Banat völlig unbekannt.
Dapper beschrieb die Fahrt, von der er auch Aufnahmen zeigte, und schilderte seine Eindrücke von Land und Leuten. Nach dem Passieren der ungarisch-rumänischen Grenze bei Curtici erreichte der Konvoi die Stadt Arad. Die Hilfsgüter waren für das Krankenhaus in Großsanktnikolaus, das Waisenhaus in Perjamosch und das Altenheim in Großkomlosch bestimmt. Die wichtigste Erkenntnis, die der junge Mann auf dieser Reise und im Kontakt mit den Menschen vor Ort gewann, war die Tatsache, dass dort Deutsche leben, die den gleichen Dialekt wie seine väterliche Verwandtschaft sprechen. Doch nicht nur die Mundart, sondern auch die Speisen und die ganze Lebensweise erinnerten ihn an die Tanten und Cousinen seines Vaters und an deren Erzählungen. Neben den vielen Eindrücken von dieser Reise sind Thomas Dapper auch die schmackhaften Tomaten, die saftigen Pfirsiche und die die Landstraßen säumenden Maulbeerbäume, von denen ihm sein Vater erzählt hatte, in Erinnerung geblieben.

Das Seminar endete mit einer Abschlussdiskussion und einer lyrischen Einlage. Edith Achim aus Augsburg, gebürtig aus Neubeschenowa, trug einige ihrer Gedichte vor. Es war eine gelungene Veranstaltung mit fundierten Referaten, abwechslungsreichen Themen, regen Diskussionen und vielen Gespräche am Rande. Nicht zuletzt trug auch die Wohlfühlatmosphäre, wofür die Mitarbeiter des „Heiligenhofs“ sorgen, dazu bei.