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Grabatz 1925 - aus der Banater Deutschen Zeitung vor 100 Jahren

Banater Deutsche Zeitung, Titelblatt der Erstausgabe, Ostersonntag, 12. April 1925 Fotos: Walter Schneider

Werbung der Arader-Bürgerlichen Sparkassa A.G. in der BDZ vom 03. Juli 1925, S. 8 mit Aufzählung der damaligen Filialen.

BDZ, 30. Juli 1925, S. 6: Grabatzer ernten rekordverdächtige 14-15 Meterzentner Weizen pro Joch.

Ansicht von Grabatz: Hölzerne Strommaste säumen die Hauptstrasse. Quelle: Emil Behr

Von 1925 bis 1941 war die Banater Deutsche Zeitung eine deutsche Zeitung in Temeswar. Unter Beibehaltung der Jahrgangszählung erschien sie ab dem 12. April 1925 (Ostersonntag) als Nachfolgerin der Schwäbischen Volkspresse (1919-1925) und als deutschnationales Konkurrenzblatt zur liberalen Temeswarer Zeitung. Ein Einzelexemplar kostete 3 Lei. Den Leitartikel der 22 Seiten umfassenden Erstausgabe verfasste Prälat Franz Blaskovics zum Thema Auferstehung.
Aufgrund ihres Eintretens für die nationalen Angelegenheiten der Banater Schwaben wurde die BDZ für die nächsten 16 Jahre zur wichtigsten deutschsprachigen Zeitung des Banats, bis sie am 16. März 1941 zusammen mit anderen deutschen Tageszeitungen in Rumänien der gleichgeschalteten Südostdeutschen Tageszeitung einverleibt wurde.
Allein im Gründungsjahr 1925 wird Grabatz von Ostern bis Dezember, ob in Einzelbeiträgen oder im Zusammenhang mit anderen Ortschaften, 35 mal in der BDZ erwähnt. Die Zeitungsberichte von 1925 über Grabatz umfassen ein breites Spektrum: von den sportlich-kulturellen und politischen Ereignissen über Todesanzeigen bis hin zu den Errungenschaften der Grabatzer in Ackerbau und Viehzucht. Sie attestieren den Grabatzern auch Aufgeschlossenheit dem Neuen und dem technischen Fortschritt gegenüber.
Probedrusch-Ergebnisse
Mein Rückblick auf das Grabatz des Jahres 1925 startet in der Jahresmitte, der Jahreszeit, in der die Ernte und damit der Wohlstand eingebracht wurde. In der Ausgabe vom 30. Juli 1925 berichtete die BDZ auf Seite 6, dass die Probedrusch-Ergebnisse in den schwäbischen Gemeinden allgemein überdurchschnittlich ausgefallen seien. Grabatz nahm dabei mit 14-15 Meterzentnern den ersten Platz ein.
Kleine Rückschau: Bereits in einer Bittschrift vom Juli 1769 an die Kaiserliche Hofdeputation wird Grabatz als die beste von „allen anderen Ortschaften, in guten Häusern und Feldbau“ bezeichnet. In der Historia Domus ist bei Pfarrer Horvath zu lesen: „Die beste Einnahmequelle für die Bewohner des Dorfes ist der Ackerbau. Ihr Feld bezahlt ihre Mühe mit 10, sogar mit 12 Meterzentnern Weizen pro Joch. Hier treffen aber auch der Mais, der Hafer, die Gerste, das Korn, Klee, Hirsegras, Moorkartoffeln und die Trauben auf fruchtbaren Boden.“ Sein Nachfolger, Pfarrer Wilhelm Brevis, schreibt ähnlich über den Grabatzer: „Sein Fleiß ist hervorragend, sein Fortschritt steht vielleicht an erster Stelle in Ungarn. Seine Feldarbeit wird mit den neuesten Maschinen getan. Es wird alles gemacht, um das Feld zu verbessern. Schon seit langer Zeit betreibt man die Viehzucht mit aus der Schweiz eingeführten Zuchtstieren. Auch die Pferdezucht ist erstklassig, und beide tragen viel zur Hebung des materiellen Standes bei. Die Gemeinde hat den Ruf einer Mustergemeinde, und sie ist es auch. Wenn das Ackerbauministerium oder der Komitats-Bauernverein sich etwas ausdenken, um den Ackerbau oder die Viehzucht vorwärts zu bringen, melden sich gleich die Grabatzer an und schöpfen den Rahm ab.“
Zu dem sprichwörtlichen Fleiß der Banater Schwaben und ihrem besonders ertragreichen Ackerboden gesellten sich bei den Grabatzer Bauern Geschäftssinn, Innovationsgeist und Bildung, was ihnen von der Ansiedlung bis in die Zeiten des Sozialismus den Ruf einer Mustergemeinde einbrachte. Die Landwirte schickten ihre Söhne in die Ackerbauschule und waren sich selbst nicht zu schade, die Winterschule zu besuchen.
Spar- und Kreditverein
Dennoch bedurfte es auch vor hundert Jahren schon des besonderen Schmiermittels für die Wirtschaft, des Kapitals. Um die Jahrhundertwende hatte fast jede Ortschaft im Komitat eine Sparkasse. Bereits 1895 kam es zur Gründung des Grabatzer Spar- und Kreditvereins AG mit einem Aktienkapital von 30000 Gulden.
Im Jahre 1925 wechselte der damalige Direktor Johann Unterreiner zur Arader- Bürgerlichen Sparkassa AG. Er gründete in Grabatz eine Filiale dieser Bank. In mehrfach geschalteten Werbeanzeigen wird Grabatz mit den anderen Filialen erwähnt.
Im Oktober 1928 fusionierten die Arader Bürgerliche Sparkassa AG und die Temeswarer Schwäbische Zentralbank AG zum Banater Bankverein und ab Dezember zu einer kräftigen Aktiengesellschaft, der auch die Hatzfelder Banater Zentralbank AG im Jahre 1929 beitrat. Wo die besten Bedingungen, Fleiß und verfügbares Kapital zusammenkamen, entstand Wohlstand, der auch zum Erwerb von Luxusgütern verführte.
Autoverkehr
Ein Artikel in der BDZ vom 20. September 1925 berichtete auf Seite 4 unter der Überschrift „Zunehmender Autoverkehr im Banat – Jeden Tag wird ein Neuwagen angemeldet“ über die in Temeswar sowie in den Banatern Ortschaften zugelassenen Autos, damals auch noch „Luxusautos“ genannt.  Die Automobile wurden in der Temeswarer Polizeipräfektur registriert und auf dem Kennzeichen mit dem Kürzel „Tms“ versehen. Ein Viertel der zugelassenen Autos, die den Banater Staub aufwirbelten, stammten aus den amerikanischen Ford-Werken. Allein in Temeswar waren 317 PkW und 86 Lastautos registriert. Die großen Firmen wickelten ihren Lastverkehr bereits per LKW ab.
„Unter den Gemeinden führt Großsanktnikolaus noch immer, wo sich zu den früheren 12 Autos weitere 2 gesellten, so dass dieses Städtchen bereits 14 Autos besitzt. Die zweite Stelle behauptet auch weiterhin Billed mit 12 (früher 11) Autos. An dritter Stelle folgt Lovrin, welches mit den letzthin gekauften 3 Automobilen die Stückzahl der Autos auf 10 erhöhte und damit Lippa vorkam, dass nur über 9 (im Frühjahr 8) Autos verfügt. Lippa wird auch von Perjamosch – (im Mai 6) – und Hatzfeld, ebenfalls 8 Stück, (im Mai 5) – stark bedrängt. Der übrige Zuwachs in den 4 letzten Monaten verteilt sich folgendermaßen: Valkani 3, Detta 2, Sackelhausen, Kleinbetschkerek, Johannisfeld, Tschene, Schag, Tschawosch, Altbeba, Altbeschenova, Kalatscha, Grabatz, Ketfel je 1 Auto.“
In Grabatz hatte sich die Zahl der Autobesitzer noch vor 1930 auf mindestens vier erhöht. Zu den ersten Grabatzer PKW-Besitzern gehörten: Michael Bauer, Jakob Behr, Dr. Josef Klein und Nikolaus Neurohr (Nr. 130). Die Bestätigung dieser Angaben findet sich in den öffentlich zugänglichen CNSAS-Karteikarten, die auch die akribisch aufgeführten Vermögensverhältnisse dieser Bărăgan-Deportierten Grabatzer verzeichnen. Jakob Behr und Dr. Josef Klein hatten nach Angaben von Emil Behr (92) den baugleichen Ford. Ford produzierte zwischen 1908 und 1927 das erste für die Masse erschwingliche Fahrzeug und war seinerzeit mit über 15 Millionen Zulassungen das meistverkaufte Automobil der Welt.
Elektrifizierung
Das vor hundert Jahren ebenfalls noch als Luxus angesehene elektrische Licht und die Glühbirne hielten recht früh nach ihrer Erfindung Einzug in Grabatz. Die ersten Häuser, die in Grabatz schon „Elektrisch“ hatten, waren jene, die ab 1909 an die Stromversorgung des Dampfgenerators der Dampfmühle angeschlossen wurden. Ein Vergleich mit der Millionenstadt Berlin Anfang der 20er Jahre mag die Fortschrittlichkeit und Kaufkraft unserer Grabatzer verdeutlichen: Da elektrischer Strom nicht billig war, erst noch Stromleitungen gebaut werden mussten und viele Verbraucher noch kein Interesse daran hatten, nur in Licht zu investieren, weil es kaum andere elektrische Geräte oder Maschinen gab, war Berlin damals kaum zur Hälfte an das Stromnetz angeschlossen.
Die Banater Deutschen Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 2. Dezember 1925, S.4, über einen Liefervertrag  von elektrischem Strom zwischen dem E-Werk in Hatzfeld und der Gemeinde Grabatz. Demnach sollte der Ausbau der Fernleitung durch das Werk erfolgen, während die Gemeinde das Ortsnetz aufzubauen hatte. Die älteren Grabatzer erinnern sich gewiss noch an die hölzernen Strommaste entlang der Straße Richtung Hatzfeld und die alten Strommaste aus Holz im Ort selbst sowie an die einzige Trafostation vor der alten Schule.
Ab September 1926 stellten die Öllampen in Grabatz ihren Dienst nach und nach ein. Im Jahr 1939 bezogen bereits 296 Grabatzer Haushalte, mehr als 90 Prozent, elektrischen Strom.
Kulturtätigkeit
Über die rege Kulturtätigkeit ist in zahlreichen Publikationen über Grabatz bereits ausführlich geschrieben worden. Stellvertretend soll hier ein Bericht der BDZ vom 26. August 1925, S.5, über eine gelungene Kindertanzprüfung mit den Preisträgern Franz Tillschneider und Elis Neurohr mit dem Lovriner Tanzlehrer Richter erwähnt werden.
Geprägt durch ihre gemeinsame Herkunftsorte, die Binnenmigration, durch Heirat oder sportliche Veranstaltungen waren die Beziehungen zwischen den Nachbardörfern im Banat freundschaftlich – trotz einer gesunden Rivalität, besonders im Sport. Laut der BDZ vom 1. September fand in Gottlob ein groß angelegtes Erntefest unter Beteiligung der Umgebungsgemeinden mit einer gelungenen Theateraufführung statt. Der Höhepunkt war das Fußballspiel, das Gottlob sensationell mit 3:1 gegen Grabatz gewann.
Die Gründung der Grabatzer freiwilligen Feuerwehr geht auf das Jahr 1889 zurück. Ab der Jahrhundertwende war der Verein mit seiner Musikabteilung und seinen kulturellen Veranstaltungen im gesellschaftlichen Dorfleben fest verankert.
Am Ostermontag, 13. April 1925, fand im Sitzungssaal des innerstädtischen Feuerwehrkommandos unter Beteiligung der freiwilligen Feuerwehrkommandos des Komitats Temesch-Torontal eine Konferenz zur Neuorganisierung statt. Die Grabatzer Abordnung war vertreten durch ihren Präsidenten, Oberlehrer Karl Lessl, den Kommandanten Jakob Behr sowie den Vereinssekretär Nikolaus Hackbeil.
Der Hatzfelder Baumeister Johann Wechselberger hatte sich in Grabatz niedergelassen. Er könnte auch die Grabatzer Friedhofskapelle der Familie Just errichtet haben.
In ihrer Erstausgabe vom Ostersonntag zählte die BDZ viele Vereine auf, die es versäumt hatten, rechtzeitig bis August 1924 ihre Unterlagen zwecks Anerkennung als juristische Personen einzureichen. Demzufolge wurde ihnen von Richter Jonascu dieser Status verwehrt. Darunter waren auch zwei Grabatzer Vereine, die in der Literatur bisher nicht erwähnt wurden. Es handelte sich um den bürgerlichen Leseverein und den Arbeiterleseverein. Ebenfalls eine Absage erhielt der Leichenbestattungsverein oder „Leichenverein“, wie er von den Grabatzern genannt wurde. Es gab in Grabatz bis 1945 um die 16 Vereine.
Recht spät, erst im Jahre 1912, gründete Apotheker Kornelius Saager in Grabatz die Schutzengel-Apotheke, die er bis1927 führte. Im Juni 1925 feierte er im „Groß- Wertshaus“ mit viel Prominenz und fast 200 Gästen aus nah und fern sein 50-jähriges Apotheker-Jubiläum.
Auf alle 35 Erwähnungen der Gemeinde Grabatz in der Zeitung aus dem Jahr 1925 einzugehen, würde hier den Rahmen sprengen. Passionierte Zeitungsleser finden die Banater Deutsche Zeitung in digitalisierter Form in der elektronischen wissenschaftlichen Bibliothek DiFMOE unter www.difmoe.eu. Hier kann man in die 16 Jahrgänge der Tageszeitung eintauchen und die Welt der Großeltern auf eine ganz besondere Art entdecken. Viel Interessantes aus dem Alltag vor hundert Jahren wartet darauf, neu entdeckt, bewertet und hervorgeholt zu werden.