Vor genau 80 Jahren wurden tausende Banater Schwaben aus ihren Häusern geholt und zur Zwangsarbeit in die Lager der Sowjetunion deportiert, wo sie unter unsäglichen Bedingungen schuften mussten. Auch der Kreisverband Augsburg erinnerte in einer Gedenkveranstaltung am 19. Januar an dieses „dunkelste Kapitel in der Geschichte der Banater Schwaben“, wie die Kreisvorsitzende Hella Gerber in ihrer Begrüßungsansprache deutlich machte.
Zunächst nahmen die Augsburger Banater Schwaben am Sonntagsgottesdienst in der Pfarrei „Zum guten Hirten“ im Univiertel teil, deren Pfarrer Jaroslaw Gutkowski sie wie immer herzlich willkommen hieß. Statt des erkrankten Weihbischofs Losinger hielt der aus Kroatien stammende Pater Prof. Dr. Josip Gregur die Predigt. Zur musikalischen Umrahmung trugen die Musikkapelle und der Chor der Banater Schwaben Augsburg bei, auch die Fahnen des Kreisverbandes, der HOG Nitzkydorf und drei der HOG Glogowatz standen mit ihren Trägern neben dem Altar. Alle zogen anschließend unter den Klängen der Musikkapelle zum Gedenkstein der Banater Schwaben neben der Kirche, wo der Augsburger CSU-Bundestagsabgeordnete Volker Ullrich, stets ein treuer Begleiter der Banater Schwaben bei ihren Augsburger Veranstaltungen, gemeinsam mit der Augsburger Oberbürgermeisterin Eva Weber einen Kranz niederlegte und eine beeindruckende Gedenkrede hielt. Er erinnerte an das Unrecht an den Banater Schwaben, das auch nach 80 Jahren („ein Menschenleben“) noch tiefe Wunden hinterlasse. Das Erinnern an die Vergangenheit sei unerlässlich als wichtige Brücke in die Zukunft. Die Lehren aus der Vergangenheit bilden die feste Grundlage für das vereinte Europa, dessen wir uns heute erfreuen könnten, so der Redner.
Für die Pause bis zur Nachmittagsveranstaltung hatte die Koch- und Back-Gruppe des Kreisverbandes reichlich belegte Brote im Pfarrsaal bereitgestellt. Gut gestärkt fanden sich zahlreiche interessierte Gäste danach zum zweiten Teil des feierlichen Gedenkens ein. Zum Auftakt erzeugte die Musikkapelle der Banater Schwaben Augsburg unter der Leitung von Gerhard Hipp eine feierliche Stimmung, danach sorgte der Chor des Kreisverbandes unter der Leitung von Aniko Oster zunächst mit dem Stalino-Lied für Gänsehaut-Gefühle bei allen Anwesenden.
Die Kreisvorsitzende begrüßte die Ehrengäste, vor allem den Landtagsabgeordneten und BdV-Bezirksvorsitzenden Andreas Jäckel, inzwischen ein guter Kenner der Banater Geschichte. Dr. Ortfried Kotzian war als Vorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung und ehemaliger Direktor des HDO München gekommen. Vertreter der Siebenbürger Sachsen und anderer Landsmannschaften waren anwesend und auch der Vorsitzende der ArGe Haunstetten wohnte der Gedenkfeier bei.
Dr. Hella Gerber hob hervor, dass von der Deportation so gut wie alle Familien der Banater Deutschen betroffen waren, ebenso wie die der Siebenbürger Sachsen sowie anderer Deutscher aus Rumänien, aber auch derer aus weiteren ost- und südosteuropäischen Ländern. Sie erinnerte an mutige rumäniendeutsche Politiker wie den Abgeordneten Franz Kräuter, die vergeblich gegen die Deportation protestiert hatten. Die Trennung von Familien über fünf lange Jahre (oder für immer) grub sich als nachhaltiges Trauma in der Biografie der Betroffenen und der Nachgeborenen ein. Bei der Gedenkfeier zum 75. Jahrestag hatte noch der damals hoch betagte Zeitzeuge Adam Zirk in Augsburg von seinen Erlebnissen in der Deportation erzählt. Wie die meisten der Erlebnisgeneration ist er inzwischen verstorben. Umso überraschender, dass im Pfarrsaal des Univiertels doch noch eine ehemalige Deportierte begrüßt werden konnte: Die heute 97-jährige Maria Fackelmann aus Matscha wurde als 17-Jährige zur Deportation geholt, obwohl sie unter dem Mindestalter für Frauen lag. Sie wohnt in der Nähe der Pfarrei im Univiertel und nahm in Begleitung ihrer Tochter an der Gedenkfeier teil.
Edith Achim, Mitglied der Theatergruppe des Kreisverbandes, las ein selbst verfasstes Gedicht zum Gedenken an die Russlanddeportation vor, in dem sie die Stimmung der Anwesenden über das schuldlose Büßen Tausender für „das Chaos dieser Welt“ in Worte fasste.
Hauptpunkt des Nachmittagsprogramms war der Vortrag des langjährigen NBZ-Redakteurs und Banat-Kenners Luzian Geier, der das (in deutscher Übersetzung) neu erschienene Buch des Bukowiners Ilie Schipor mit bislang unveröffentlichten Dokumenten zur Deportation aus sowjetischen Archiven vorstellte. (Eine ausführliche Buchvorstellung von Luzian Geier finden Sie auf Seite 12). In diesem Zusammenhang verwies er auf neue Erkenntnisse und auf einige Themen, die im Zusammenhang mit der Deportation noch nicht erforscht sind. Mit beeindruckenden Fotos aus seinem Archiv fesselte er die Zuschauer, unter anderen zeigte er ein Dankeskreuz, das ehemalige Lagerinsaßen im Wallfahrtsort Andechs aufgestellt hatten.
Die Veranstaltung endete mit ergreifender Musik, danach standen alle noch lange bei Kaffee und den wie immer zahlreich gespendeten Kuchen im Gespräch zusammen.