Im Januar 2025 gedenken wir der Deportation der Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen in die Sowjetunion, die vor 80 Jahren stattgefunden hat. Aus diesem Anlass organisierte der Kreisverband Karlsruhe der Landsmannschaft der Banater Schwaben am 18. Januar eine besondere Gedenkveranstaltung, um an dieses schmerzhafte Kapitel der Geschichte der Deutschen aus Rumänien zu erinnern, das die Leben und Schicksale zahlreicher Menschen nachhaltig geprägt hat.
Die Internierung von Angehörigen der deutschen Minderheiten aus Rumänien in sowjetische Arbeitslager dauerte bis 1949 an. Tausende Menschen wurden Opfer dieser Maßnahmen, die tiefes Leid und schwerwiegende Konsequenzen für die betroffenen Familien mit sich brachten.
Gedenkfeier am Denkmal mit Kranzniederlegung
Die Gedenkfeier begann um 14 Uhr am Billeder Denkmal auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. Dort fanden sich trotz frostiger Temperaturen ca. 40 Teilnehmer ein. Der Vorsitzende des Kreisverbands Karlsruhe Werner Gilde hielt eine Rede, in der er auf die Umstände und die Leiden der Verschleppung in die Sowjetunion einging, sowie auf die hohe Todesrate unter den Zwangsarbeitern. Seine Ausführungen endeten mit dem Hinweis, dass in der Region im Donbass wieder Krieg herrscht und unschuldige Menschen Hauptleidtragende sind. Anschließend trug Gerlinde Gilde ein Gedicht von Olga Schuch aus Reschitza vor, in der die Schrecken der Deportation in Versform thematisiert sind. Danach trat Elisabeth Luckhaup ans Mikrofon, um mit der versammelten Gemeinschaft zu beten und der Toten zu gedenken. Abschließend fand eine feierliche Kranzniederlegung statt, um die Erinnerung an die Deportierten zu ehren. Eine Präsenz von Fahnen der Heimatortsgemeinschaften rahmte das feierliche Geschehen ein, darunter die Fahne der HOG Jahrmarkt, aufgestellt von Familie Susanne und Franz Barth aus Rastatt sowie die Fahne der HOG Ebendorf, aufgestellt von Familie Anna und Cornel Simionescu Gruber aus Friedrichsthal.
Vorträge, Lieder und Totengedenken
Ab 15 Uhr fand der zweite Teil der Gedenkveranstaltung im St. Hedwig Gemeindezentrum in Karlsruhe-Waldstadt statt. Rund 100 Teilnehmer, darunter viele Kinder und Enkelkinder der Deportierten, kamen zusammen, um gemeinsam zu gedenken und sich kollektiv zu erinnern. Unter den Teilnehmern war auch Anton Köhler, ein 96-jähriger Zeitzeuge aus Sanktanna, der mit nur 16 Jahren verschleppt wurde. Seine Anwesenheit verlieh der Veranstaltung eine besondere Würde und unterstrich eindrücklich die persönliche Dimension des historischen Geschehens.
Das vielfältig gestaltete Programm kombinierte Vorträge, musikalische Beiträge, spirituelle und rituelle Momente des Gedenkens. Eröffnet wurde die Feier mit dem gemeinsamen Singen der Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland. Darauf begrüßte Werner Gilde, Vorsitzender des Kreisverbandes Karlsruhe, der Landsmannschaft der Banater Schwaben, die Anwesenden.
Es folgte eine Darbietung des Chores der Banater Schwaben Karlsruhe unter der Leitung von Sonja Salman, die für eine feierliche und andächtige Atmosphäre sorgte. Stimmungsvolle Lieder der Solistinnen Irmgard Holzinger-Fröhr und Melitta Giel wie „Möwe, du fliegst in die Heimat“ drücken die Sehnsucht und den Schmerz der Deportierten musikalisch aus.
Der Moderator Dietmar Giel beleuchtete in seinem Vortrag die politischen Hintergründe der Deportationen der deutschen Minderheiten nach Russland in den Jahren 1945-1949. Der Vortrag verknüpfte die historischen Ereignisse mit den persönlichen Schicksalen der Deportierten, um ein umfassendes Bild der Ursachen und Folgen dieser Tragödie zu zeichnen.
Der Referent Walter Schneider teilte die persönlichen Erlebnisse seines Vaters aus der Zeit der Deportation. In einem Vortrag über und aus den verschriftlichten Erinnerungen seines aus Großkomlosch stammenden Vaters Hans Schneider (1926-2017) „Mein Leidensweg – die Russlandverschleppung 1945-1949“ wechselten sich abgelesene und frei aus dem Gedächtnis vorgetragene Passagen. Diese berührenden Erinnerungen gaben einen eindrucksvollen Einblick in die Härte und das Leid, das die Betroffenen ertragen mussten.
Astrid Ziegler ergriff das Wort für die Enkelgeneration und führte aus, wie auch diese von dem Deportationsschicksal ihrer Großeltern berührt wurde. Ihr Vortrag begann mit einer biografischen Erzählung über ihren Großvater Anton Höckl, der in seiner Jugend Athlet in der rumänischen Nationalmannschaft gewesen war. Am 14. Januar wurde er in Perjamosch abgeholt. Er ließ seine Frau und zwei Kleinkinder zurück. In der Deportation kämpfte der ehemalige Spitzensportler laut der Enkelin in einem „Dekathlon der Entbehrungen“ gegen Hunger, Kälte, Krankheit und Erschöpfung, aber auch gegen Demütigung und Hoffnungslosigkeit.
Eine weitere Lesung von Astrid Ziegler beschäftigte sich mit den Auswirkungen der Deportation auf die Familie im Allgemeinen und wurde anhand der Interpretation zweier Bildern des Banater Malers Franz Ferch illustriert. Franz Ferchs Gemälde, wie „Wann kommen Vater und Mutter“ und „Kennscht mich nimmer“, zeigen eindringlich die Folgen der Verschleppung auf die Zurückgebliebenen: die Trennung von Eltern und Kindern, die verzweifelte Hoffnung auf Wiedersehen und die schwierige Rückkehr in zerstörte Familienstrukturen. Zum Vortrag von Astrid Zieger gab es eine Bildprojektion von Hans Rothgerber, der auch historische Fotos und Zeitdokumente ausgestellt hat.
Danach folgte ein Zeitzeugenbericht über Frauen, die in der Deportation geboren haben, vorgetragen von Gerlinde Gilde.
Zum Totengedenken gemahnten am Ende der Veranstaltung das gemeinsame Gebet mit Elisabeth Luckhaub und die Musikalische Darbietungen „Ich bete an die Macht der Liebe“ und „Segne Du, Maria“ durch den Chor der Banater Schwaben Karlsruhe. Die Verbindung zur verlorenen Heimat symbolisiert das Abschlusslied „Glocken der Heimat“.
Zum Gelingen der Feier trug auch Kaffeeausschank und ein Buffett mit von Frauen des Kreisverbandes gespendeten Torten bei.
Die Veranstaltung endete mit den Schlussworten von Werner Gilde, der die Bedeutung des Gedenkens für die soziale Gemeinschaft betonte.
Das Zusammenkommen von Nachfahren, Zeitzeugen und Interessierten zeigte, dass Erinnerung nicht nur eine individuelle, sondern auch eine gemeinschaftliche Aufgabe ist. Die Deportation der Deutschen aus Rumänien zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion ist fest verankert im kollektiven Gedächtnis und Teil der Erinnerungskultur der Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen. An dem würdigen Tag des Gedenkens, des Zusammenhalts und des Erinnerns des Kreisverbands Karlsruhe wurde dies wieder einmal überaus deutlich.
Ottmar Liep hat die Veranstaltung in dem Video „80 Jahre Deportation der Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen“ ausführlich dokumentiert.