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Bundestreffen der Banater Chöre in Pforzheim

Alle Teilnehmer am Chortreffen auf einen Blick: Der Augsburger Chor (blau), der Karlsruher Chor (rot) und der Darowaer Chor (grün) umrahmen den Schubert-Chor. Im Vordergrund das Moderationsteam von den „Banater Schwabenkindern“ sowie Harald Schlapansky und Christine Neu als Vertreter des Bundesvorstands. Foto: Cornel Simionescu-Gruber

Der Darowaer Kirchenchor aus Spaichingen mit Chorleiter Erich Meixner Foto: Nikolaus Dornstauder

Der Chor Banater Schwaben Augsburg mit Leiterin Aniko Oster am Akkordeon Foto: Nikolaus Dornstauder

Der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe, links Chorleiterin Sonja Salman Foto: Nikolaus Dornstauder

Der Schubert-Chor mit den Chorleitern Herbert Weiss und Adrian Nucă-Bartzer (Mitte) Foto: Cornel Simionescu-Gruber

Nach einer langen Pandemie-Pause fand am 27. Oktober 2024 das 23. Bundestreffen der Banater Chöre statt. Veranstaltungsort war diesmal das CongressCentrum Pforzheim, nachdem man sich in der Vergangenheit viele Jahre in Gersthofen bei Augsburg getroffen hatte. Angemeldet waren vier Banater Chöre: der Darowaer Kirchenchor aus Spaichingen, der Chor der Banater Schwaben Augsburg, der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe sowie der Temeswarer Schubert-Chor. Der Chor der HOG Sanktandres „singAndres“ war zunächst angemeldet, musste seine Teilnahme jedoch wegen Krankheit absagen. Das Programm war davon bestimmt, dass der Temeswarer Schubert-Chor schon im Vorfeld angekündigt hatte, dass der Chor sich nach diesem letzten öffentlichen Auftritt auflösen werde. Der zweite Teil des Konzerts wurde deshalb komplett vom Schubert-Chor bestritten, während sich die anderen drei Chöre dem zahlreich erschienenen Publikum im ersten Teil präsentierten.

Singen baut Brücken und führt zusammen

Als Vertreterin des Bundesvorstands unserer Landsmannschaft und Organisatorin vor Ort begrüßte Christine Neu die Ehrengäste und die Zuschauer von nah und fern. Sie betonte den hohen Stellenwert, den das Singen in der Tradition und Gemeinschaft der Banater Schwaben stets einnahm und auch heute noch einnimmt. „In jedem Lied schwingt ein Stück Heimat mit, das uns alle eint.“ Aus diesem Bedürfnis heraus veranstalte die Landsmannschaft der Banater Schwaben schon seit 1997 die Bundestreffen Banater Chöre. In diesem Zusammenhang überbrachte sie auch die Grüße des Bundesvorsitzenden Peter-Dietmar Leber, der zeitlich verhindert war, aber ausrichten ließ, wie wichtig ihm die Pflege der Gesangstradition sei. „Singen baut Brücken, Singen führt zusammen… Vielleicht war dies der Grund, warum im Banat über viele Jahre eine starke Chorbewegung bestand, warum diese Tradition in Deutschland fortgeführt wird“, steht in dem Grußwort, das er für das Treffen verfasst hat.

Eine besonders herzliche Begrüßung erhielt der Vertreter der Stadt Pforzheim Dr. Hans-Ulrich Rülke, gleichzeitig Vorsitzender der FDP-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg. Aus den Reihen der Landsmannschaft begrüßte Christine Neu den Ehrenvorsitzenden Bernhard Krastl, die Sprecherin der Heimatortsgemeinschaften Anita Maurer, den Bayerischen Landesvorsitzenden und stellvertretenden Bundesvorsitzenden Harald Schlapansky, den Vertreter des Landesvorstands Baden-Württemberg Herbert Volk, den Vertreter des Landesvorstands Bayern Nikolaus Dornstauder  und den Kreisvorsitzenden von Pforzheim Franz Magamoll. Viele weitere Vertreter von Kreisverbänden und Heimatortsgemeinschaften waren im Publikum anwesend.

Die Moderatorin verglich das Chortreffen mit einer landsmannschaftlichen „Familienfeier“, denn auch ein Chor sei wie eine Familie, die sich um Harmonie bemüht. Ausdrücklich wurden natürlich die teilnehmenden Chöre und ihre Chorleiter willkommen geheißen. Dr. Hans-Ulrich Rülke zeigte sich in seinem Grußwort beeindruckt von den Aktivitäten der Banater Schwaben, die er in Pforzheim schon mehrfach kennenlernen durfte, und ermunterte sie, ihr Brauchtum und ihre Traditionen weiterhin zu pflegen und damit die Stadtgesellschaft zu bereichern.

Doch dann gehörte die Bühne den Chören. Eine erfreuliche Neuerung war das Moderations-Team aus Jugendlichen der Tanzgruppe „Banater Schwabenkinder“ aus Rastatt: Kerstin Klein, Sarah Klein, Miriam Österreicher und Holger Giel stellten abwechselnd die drei folgenden Chöre jeweils vor und gaben Einblick in deren Programm, Repertoire und Werdegang.

Gutes Altes und Gutes Neues aus Darowa

Den Start machte der Darowaer Kirchenchor, der von Erich Meixner geleitet wird. Sein Programm stand unter dem Motto: „Am guten Alten in Treue halten. Am guten Neuen sich auch erfreuen.“ Wie schon der Name sagt, hat der Chor seine Wurzeln in Darowa, wo er von 1960 bis 1990 unter der Leitung der Kantorin Margareta  Meixner (die ihrerseits von ihrem Bruder Martin Metz angeleitet wurde) die Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen und die Beerdigungen musikalisch umrahmte. Martin Metz gründete den Chor 1998 in Spaichingen neu, denn viele Darowaer hatten sich hier angesiedelt. Nach dessen Tod übernahm sein Neffe Erich Meixner  die Chorleitung im Jahr 2004. Die rund 30 Sängerinnen und Sänger im Alter von 50 bis 80 Jahren haben immer noch ihren Schwerpunkt im geistlichen Bereich – sie gestalten die Gottesdienste beim Darowaer Heimattreffen und die traditionellen Wallfahrten. Doch daneben besteht auch ein weltliches Repertoire aus Kunst- und Volksliedern.

In Pforzheim starteten sie mit dem Begrüßungschor aus der Operette „Grüß mein Banat“ von Emmerich Bartzer. Danach folgte ein Lied nach einem Gebetstext von Pater Rupert Mayer, der von dem Banater Sänger Hans Sieber-Brach, bekannt auch als langjähriger Solist des Schubert-Chors, vertont worden ist. Nach diesem besinnlichen Lied zeigte der Chor seine komödiantische Seite mit dem Lied: „Ein Likörchen für das Kirchenchörchen“, bei dem der Chorleiter es sich nicht nehmen ließ, „Likörchen“ im Publikum zu verteilen. Zum Abschluss erntete das baskische Lied: „Auf Wiedersehn, ihr Freunde all“ den begeisterten Applaus des Publikums.

„Oh du schöne Jugendzeit“ aus Augsburg

Der nun im Programm folgende Chor der Banater Schwaben Augsburg blickt in wechselnden Konstellationen bereits auf mehr als drei Jahrzehnte seines Bestehens zurück. Im Jahr 2018 übernahm Aniko Oster die Chorleitung von Werner Zippel. Der Chor ist in Augsburg stets gefordert zur Umrahmung der kirchlichen und weltlichen Aktivitäten des Kreisverbandes. Er singt, meistens mit der Akkordeon-Begleitung der Chorleiterin, bei Gottesdiensten, Gedenkfeiern, Wallfahrten, Kirchweihfesten oder dem Tag der Heimat, trat aber auch schon im Rahmen des Augsburger Brecht-Festivals auf oder eröffnete jüngst den Empfang der Landsmannschaften der Stadt Augsburg. Besonders stolz ist der Chor auf die Auszeichnung des BdV Bayern im Jahr 2021, als er mit dem Ehrenpreis des BdV-Kulturpreises gewürdigt wurde. Das Programm zum Chortreffen stand unter dem Motto: „Oh, du schöne Jugendzeit“. Naturgemäß erfolgte der (Rück-)Blick auf diese Zeit mit einem lachenden und einem weinenden Auge – zunächst mit Wehmut („Wenn ich allein und einsam bin“), danach mit Fröhlichkeit („Liebeslied“), wieder etwas melancholischer („Wenn ganz leis der Abend niedersinkt“) und schließlich mit einer temperamentvollen Hommage an das Glück und die Schwarzwaldmarie („Zwei Augen wie zwei Sterne“), die das Publikum mit- und zu Beifallstürmen hinriss.

Reise durch die Zeit aus Karlsruhe

Keinen weiten Weg hatte der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe zurückzulegen, um zum Chortreffen zu kommen. Dessen Vorsitzender Dietmar Giel war deshalb auch maßgeblich an der Organisation und Koordination des Treffens beteiligt, unter anderem gestaltete er das ansprechende Programmheft und koordinierte die Moderation. Der Karlsruher Chor konnte im letzten Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiern, zu Hoch-Zeiten hatte er über 80 Aktive. Heute sind es immerhin noch etwa 30, die seit 2017 unter der musikalischen Leitung von Sonja Salman, die den Chor auch am Klavier begleitet, ein breites Repertoire an geistlichen und weltlichen Liedern, auch aus der Operetten- und Opernliteratur, angesammelt hat. Die ersten drei Jahre hatte Stefan Pflanzer den Chor dirigiert, es folgten Peter Helmut Meinhardt und Hannelore Slavik, zwischendurch noch Elisabeth Klingler. Die Vielfalt des Repertoires spiegelte sich in dem Programm zum Chortreffen, dessen Motto „Eine musikalische Reise durch die Zeit“ einen weiten Spielraum bot. Die Reise startete mit der flotten Aufmunterung „You raise me up“ („Du ermutigst mich“), wo neben dem Chor die vier Solisten Melitta Giel, Isolde Reitz, Dietmar Giel und Bertwin Mumper zum Einsatz kamen. Es folgte der Blumenwalzer aus dem Ballett „Der Nussknacker“ von Tschaikowsky. Das flotte Duett „Lippen schweigen“ aus der Lehár-Operette „Die lustige Witwe“ der Solisten Melitta und Dietmar Giel ließ den Chor – etwas unbefriedigend für ein Chortreffen –zum stummen Statisten werden. Auch in dem Lied „Ich bin kein Bajazzo“ kamen wieder die vier Solisten zum Einsatz, immerhin mit Begleitung des Chors. Zum Abschluss ließen die „Glocken der Heimat“ in dem nostalgischen Lied von Robert Pappert alle Zuschauer „in den Zug Erinnerung“ steigen, die Reise endete im Beifallsrausch.

Nach der Pause kam die schwere Stunde des Schubert-Chors. In ihrer Anmoderation erinnerte Christine Neu daran, dass der Chor in Temeswar am 20. Februar 1969 gegründet wurde, und begrüßte aus diesem Anlass den langjährigen Dirigenten Herbert Weiss, der es sich nicht nehmen ließ, zusammen mit seiner Frau Inge, ebenfalls langjähriges Chormitglied, beim Abschiedsauftritt dabei zu sein. Bereits vor der Pause hatte Christine Neu das Publikum auf die Ausstellung im Foyer hingewiesen, die den Werdegang des Schubert-Chors in Text und Bildern aufzeigt. Walter Berberich hat sie im Jahr 2019 erstellt, als der Schubert-Chor mit einem Festkonzert in Waldkraiburg sein 50-jähriges Bestehen feierte – wohl wissend, dass seine Tage gezählt sind. Damals standen noch gut 40 Chorsänger auf der Bühne, beim Abschiedsauftritt waren es knappe 30.

Der große Abschied des Schubert-Chors

Für das Abschiedskonzert hatte der Chor einen sprechenden Querschnitt aus seinem Repertoire gewählt. Helmine Buchsbaum führte in bewährter Manier durch das Programm, das mit dem Lied „Mein Mund, der singet“ begann, gefolgt von dem Schubert-Lied „Der Lindenbaum“, eine Art geheime Hymne des Schubert-Chors und Hommage an den Namensgeber Franz Schubert. Sein Porträt stand, wie auch sonst bei jedem Auftritt des Schubert-Chors, sichtbar auf der Bühne – Hans Sieber-Brach, dem Chor über viele Jahre als Solist eng verbunden, aber auch handwerklich und künstlerisch begabt, hatte es gemalt und dem Chor geschenkt. Nun wurde es „heimelig“, denn es folgte das Lied der Mizzi aus der Operette „Grüßt mein Banat“ von Emmerich Bartzer. Den einleitenden Solo-Part sang Irmgard Müller, am Klavier begleitete Sonja Salman vom Karlsruher Chor. „Schön war es doch, hier im Banat. Es ist vorbei und s’ist schad“ sprach vielen aus dem Herzen – bezogen auf das Banat, aber auch auf das Ende des Schubert-Chors. Danach ging ein Gruß „von Groß-Wien nach Klein-Wien“ mit dem Lied „Im Prater blüh’n wieder die Bäume.“ Die Singgruppe des Chors lockerte das Programm mit zwei Liedern auf: „An die Entfernte“ von Walter Michael Klepper auf einen Text von Nikolaus Lenau und „Die Nachtigall“ von Ernst Irbel auf einen Text von Theodor Storm.

Zum Repertoire des Schubert-Chors gehörten immer Werke von Banater Komponisten und Dichtern oder mit Bezügen zum Banat. Lieder in Mundart waren stets selbstverständlicher Bestand, deswegen stand auch bei diesem Konzert die „wahre Lieb“ in schwäbischer Mundart und „Wenn mei Deandal am Abend um Wasser geht“ in Reschitzaer Mundart auf dem Programm. Nach dem Lied „Frisch gesungen“, eine Art Trostspende für alle Lebenslagen („Nur frisch, nur frisch gesungen, und alles wird wieder gut“) gab es eine Überraschungsansprache per Video von Peter-Dietmar Leber, der die Leistung des Chors würdigte und seine Anerkennung für das langjährige engagierte Wirken der Sänger und Chorleiter, insbesondere des Exil-Dirigenten Adi Nucă-Bartzer, zum Ausdruck brachte. Danach trat dieser selbst  ans Mikrofon, um den Abschied des Chors offiziell zu machen. „Wir wollten in Würde gehen, so lange wir noch die Qualität bringen können.“, begründete er den Schritt. Seit der Jubiläumsfeier vor fünf Jahren sei die Chorgemeinschaft aus Altersgründen weiter geschrumpft und Aussicht auf Nachwuchs gebe es bei der überregionalen Konstellation und räumlichen Streuung nicht. Nicht nur ihm fiel dieser Schlusstrich schwer. Danach wurde es noch einen Tick emotionaler, als Herbert Weiss ans Pult trat, um das Kult-Lied des Schubert-Chors zu dirigieren: „Mein Heimatland, Banaterland“ von Josef Linster nach einem Text von Peter Jung. In den Zeiten des Kommunismus wurde das Lied zur Banater Ersatz-Hymne, misstrauisch beäugt von der Zensur, aber letztlich durch nachdrückliche Fürsprache von damals einflussreichen Leuten wie Nikolaus Berwanger als Beleg für die patriotische Gesinnung durchgewunken. Nicht nur den Chorsängern standen Tränen in den Augen, auch aus dem Publikum schniefte es verdächtig.

Gesang klingt weiter in den Herzen

Doch dann standen plötzlich alle Sänger der anderen drei Chöre im Saal und stimmten ein Lied an. Auf die Melodie des schottischen Volkslieds  „Amazing Grace“ hatte Dietmar Giel einen Text der Verbundenheit mit dem Schubert-Chor gedichtet und außer dem Karlsruher auch die anderen Chöre mit ins Boot geholt: „Die Freundschaft ist das starke Band, das fest zusammenhält. Eint, wie das Lied von Land zu Land die Menschen dieser Welt.“ Jede Sängerin und jeder Sänger des Schubert-Chors bekam eine Rose überreicht, die Chorleiter und Moderatoren wurden mit Blumensträußen überrascht. Ein warmer, sehr emotionaler Abschied.

Christine Neu dankte allen Mitwirkenden und Helfern, dabei vergaß sie auch die „guten Geister“ aus der Geschäftsstelle unserer Landsmannschaft nicht, Karin Metzler und Yvonne Dornstauder, die für einen reibungslosen organisatorischen Ablauf gesorgt hatten. „Möge der Gesang, den wir heute gehört haben, weiterhin in unseren Herzen erklingen“, gab sie den Chören und dem bewegten Publikum mit auf den Weg, und lud alle schon jetzt zum Chortreffen 2025 ein.