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Spektakulärer Kriminalfall 1932 in Herkulesbad: Lebenslänglich für die Mörder des Ehepaars Eberle

Viktoria und Christian Eberle um 1918 mit ihrem Sohn Wilhelm. Foto: privat

In der Nacht vom 12. auf den 13. September 1932 geschieht in Herkulesbad ein aufsehenerregender Mord: Das Ehepaar Eberle wird im Schlafzimmer seiner Villa brutal überfallen. Christian Eberle ist sofort tot, seine Frau Viktoria kommt mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus und stirbt einige Wochen später.
Die Spuren der Familie Eberle führen nach Liebling. Die Recherchen von Adam Arnold im Ortssippenbuch Liebling ergaben, dass Christian Eberle 1874 in Liebling geboren wurde und dass er im Jahr 1904 Viktoria Kulik geheiratet hat. Im Lieblinger kollektiven Gedächtnis sind Gerüchte zur  Mordgeschichte vielfach bekannt. Waltraut Eberle konnte aus ihrer eigenen Familiengeschichte einiges dazu bestätigen, denn ihr Großvater Adam Eberle, geboren 1893, war der Bruder des ermordeten Christian Eberle. Als interessantes Detail erwähnte sie gegenüber Adam Arnold auch, dass die weltberühmte Turnerin Emilia Eberle (geb. 1964 in Arad und gemeinsam mit Nadia Comăneci in der rumänischen Nationalriege) eine Urenkelin des ermordeten Christian Eberle ist.
Über Walter Woth von den Banater Berglanddeutschen und den Museografen Oliviu Gaidos aus Lugosch kam Adam Arnold an die Berichterstattung zum Eberle-Mord in Herkulesbad in der „Temeswarer Zeitung“. In mehreren Ausgaben der Zeitung vom  17. September 1932 bis zum  7. Juni 1933 wurden die Ermittlungen und Erkenntnisse zum Fall Eberle dokumentiert. Die Zusammenschau der Artikel zeigt einen unglaublichen historischen Kriminalfall.
Christian Eberle stand im 55. Lebensjahr und war der Besitzer des größten Warenhauses in Herkulesbad. Er bewohnte mit seiner Frau die Vorderfront einer Villa, in deren Seitenflügel vier Zimmer an Kurgäste vermietet waren. Wegen eines Lungenleidens war Christian Eberle über mehrere Wochen zum Kuraufenthalt in Bad Reichenhall gewesen, während seine Frau die Gäste in der Villa und das Geschäft betreute. Am Vormittag der Mordnacht war er zurückgekehrt.
Gegen 2 Uhr nachts fiel einem heimkehrenden Kurgast auf, dass im Schlafzimmer der Villa Eberle noch Licht brannte. Als er nähertrat und nachsehen wollte, stiegen nacheinander drei Personen durch das Fenster auf die Straße und verschwanden. Der Kurgast stutzte, denn er hatte eine der Gestalten als Mitbewohnerin in der Eberle-Villa erkannt: Sie war als Frau Dumitrescu, Professorengattin aus Bukarest, angemeldet.
Im Schlafzimmer der Eberles fand man Christian Eberle mit zertrümmertem Schädel in seinem Bett, seine Frau lag auch blutüberströmt, aber noch am Leben, daneben und wurde nach Turnu Severin ins Krankenhaus gebracht. Die Untersuchungen am Tatort ergaben den dringenden Verdacht, dass es sich um einen geplanten Raubmord handelte, der Plan wurde allerdings durch das Dazwischentreten des Passanten vereitelt. Da auch Petroleum in der Wohnung zurückgelassen wurde, gingen die Ermittler davon aus, dass die Villa nach der Tat angezündet werden sollte, um die Spuren zu verwischen.
In Herkulesbad erregte der bestialische Mord große Empörung. Christian Eberle war ein angesehener Mann und galt als „ein offener, redlicher Charakter und ein herzensguter, liebenswürdiger Mensch“, wie die Zeitung berichtet. Er hatte am Tag vor seiner Heimkehr noch einen Tag bei seiner Tochter Margit in Temeswar verbracht, die dort mit ihrem Mann, dem Beamten Augustin Hugo, und dem gemeinsamen Sohn lebte. Ihr Bruder, der 21-jährige Wilhelm Eberle, hatte in Temeswar das Piaristengymnasium absolviert, er leistete zum Zeitpunkt des Überfalls auf seine Eltern den einjährigen Militärdienst ab.
Die angebliche „Frau Professor“ war verschwunden, was den Verdacht auf ihre Mittäterschaft erhärtete. Wie die „Temeswarer Zeitung“ vom 23. September 1932 berichtet, führte die Aussage einer Zeugin auf die Spur der Mörder.  Diese war aus Kronstadt mit dem Zug nach Herkulesbad gekommen und erkannte die „Frau Professor“ als Mitreisende wieder. Diese hatte ihr während der Reise erzählt, dass sie in der Villa Eberle absteigen werde. Deshalb wunderte sich die Zeugin, als sie die Frau nach dem Aussteigen auf eine andere Villa zugehen sah, wo sie ans Fenster klopfte und fragte: „Bist du es, Ionel?“. Danach wurde sie dort eingelassen. Die Ermittler identifizierten nach diesen Angaben die „Brăteșanu-Villa“ und nahmen deren Eigentümer Stefan Brăteșanu fest.
Aufgrund von auffälligen Indizien und weiteren Ermittlungen sah man es als erwiesen an, dass die Brüder Ionel und Stefan Brăteșanu gemeinsam mit der „Frau Professor“ die Tat begangen hatten. Sie stammten alle aus Ploiesti, Stefan Brăteșanu war aber schon seit sieben Jahren  in Herkulesbad verheiratet und deshalb dort ansässig. Er hatte die Tat nach seiner Festnahme schnell gestanden. Im Laufe des Verhörs belastete er auch seinen Bruder Ionel und dessen Geliebte, die in Wirklichkeit Fanny Denciulescu hieß und die als „Frau Professor Dumitrescu“ die Villa Eberle auskundschaften sollte. Die beiden waren nach der Tat geflüchtet, hatten aber aus Ploiesti in einem Schreiben ihre „glückliche Ankunft“ gemeldet und darin gefragt, was es „in Herkulesbad Neues“ gäbe.
Der geständige Mörder wurde öffentlich in Ketten abgeführt und war in der Gendarmerie der empörten Bevölkerung ausgeliefert: Jeder konnte kommen, um ihn sich anzusehen und kaum einer ließ sich die Gelegenheit entgehen: „Schmäh- und Schimpfworte werden ihm zugerufen und man spuckt ihm ins Gesicht.“, schreibt die Zeitung. Auch die Ankunft der beiden anderen Täter „in Ketten“ verursachte nach Auskunft der Temeswarer Zeitung vom 28. September „einen wahrhaftigen Aufruhr im Orte“. Viktoria Eberle lag zu der Zeit noch im Krankenhaus und war nicht ansprechbar. Sie kam nur kurz wieder zu Bewusstsein, erlag dann aber ihren Verletzungen.
Der Karansebescher Gerichtshof verurteilte die Brüder wegen Totschlags und versuchter Plünderung und Brandstiftung zu je 15 Jahren und die Komplizin wegen „Vorschubleistung“ zu vier Jahren Zuchthaus. Gegen das in ihren Augen zu milde Urteil legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein mit dem Argument, es habe sich um einen „Mord mit Vorbedacht“ und nicht um Totschlag gehandelt. Die zweite Instanz gab dem Einspruch recht und erhöhte das Strafmaß der beiden Mörder auf „lebenslängliches Zuchthaus“ und die Strafe der Komplizin von vier Jahren Gefängnis auf vier Jahre Zuchthaus.