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Der Tod hat viele Gesichter: Banater Schicksale aus drei Jahrhunderten (Teil 11)

Grabstätte der Opfer der Grubenkatastrophe vom 7. Juni 1920 in Anina-Steierdorf Foto: Helmut Ritter, 2017

Grabstein des 1961 beim Busunglück verstorbenen Franz Gillich auf dem Friedhof in Tschanad Foto: Helmut Ritter, 1996

Grabstätte des 1975 verunglückten Johann Neidich auf dem Friedhof im Unterdorf in Jahrmarkt Foto: Helmut Ritter, 1984

Neben dem Wassertod war der Tod durch Feuer stets gefürchtet. Erfroren sind im Banat nur relativ wenige Menschen.

Kleidung fing Feuer

In ihrer Ausgabe vom 4. April 1897 schreibt die „Dettaer Zeitung“: „Der Sohn des Groß-Becskereker Lehrers Moriz Fischer war dem Feuerherde zu nahe gekommen, wobei seine Kleider im Nu von den Flammen ergriffen wurden. Der unglückliche Knabe erlitt so schwere Brandwunden, daß er nach zweitägigen qualvollen Leiden starb“.

Eva Seibel aus Kleinomor ist am 1. November (Allerheiligen) 1898 mit viereinhalb Jahren gestorben. Sie war mit ihrem Vater auf dem Feld und ihre Kleidung hat von dem angezündeten Unkraut Feuer gefangen. Ebenfalls in Kleinomor ist die vierjährige Maria Mayer 1908 in der Schmiedewerkstatt ihres Vaters verbrannt.

1922 verbrannten in Lazarfeld die 23-jährige Rosalia Welter und ihre 15-jährige Schwester Katharina Ehrenreich. Sie wollten Petroleum auf die Maiskolben schütten, die im Herd lagen. Im Herd befand sich aber noch Glut, die Kanne explodierte und ihre Kleider fingen Feuer (Lorenz Lang). Laut Lazarfelder Familienbuch (Hans Repp, 2008) erblickte Rosalia im Jahre 1900 in Sigmundfeld das Licht der Welt und verstarb am 6. Februar 1922.

1928 ist die 14-jährige Theresia Weber aus Nitzkydorf an Allerheiligen im Friedhof verbrannt. Ihre Kleider haben sich an einer brennenden Kerze entzündet. Hans Kappel (1920-1939) aus Großsanktnikolaus ist im Schnitt beim Dreschen verbrannt. Verbrannt sind auch Johann Speichermann (76) aus Mercydorf (1933), Elisabeth Schenk (18) aus Traunau (1944) und Anna Wolf, geb. Christian (39) aus Neubeschenowa (1952).

Der 13-jährige Hermann Rieger (1954-1967) aus Moritzfeld hat sich durch Ofenfeuer tödliche Brandwunden zugezogen. Michael Grimm (1940-1968) aus Darowa ist in der Tischlerei in Lugosch „verunglückt durch Feuer“. Der 33-jährige Peter Sturm (1936-1969) aus Paratz hat mit einer Zigarette das Bett entzündet und ist in den Flammen umgekommen. Im brennenden Kinderbett starb der kleine Ralf Oser (1975-1976) aus Kleinbetschkerek.

Im Alter von 79 Jahren ist Elisabeth Sonn (1904-1983) aus Neupetsch über dem Sägemehlofen verbrannt. Die Ärzte stellten fest, dass sie vorher einen Herzinfarkt erlitten hatte. Ein grauenvoller Unfall mit Todesfolge ereignete sich 1988 in 
Bakowa. Dort verbrannte im Hof ihres Anwesens Theresia Theis, geb. Grimm, nachdem ihre Kleider am Kesselhaus Feuer gefangen hatten.

Omnibus-Katastrophe

Auf dem Friedhof in Tschanad befindet sich der Grabstein des Franz Gillich, der im Alter von 25 Jahren „durch Feuer und Flamme“ ums Leben gekommen ist. Was war geschehen? In einer Tierfarm in der Nähe des Ortes arbeiteten mehrere Tschanader, die mit dem Autobus zur Arbeitsstelle befördert wurden. Am 25. September 1961 sprang der bereits in die Jahre gekommene Bus einfach nicht an. Der Busfahrer wollte gar nicht mehr fahren, aber seine Vorgesetzten drängten ihn dazu. Auch die Leute hielten ihn an, doch zu fahren, denn es war Kirchweihmontag und sie wollten zügig nach Hause kommen.

Als der alte Bus schließlich doch startete, löste ein Funken einen Brand aus und es kam zur Katastrophe. Vier Menschen wurden Opfer des Brandes, die im Krankenhaus in Temeswar verstarben: Franz Gillich (geb. 1936), Peter Balthasar (geb. 1938), Magdalena Muschici, geb. Schüssler (geb. 1938) und Elisabeth Klemens, geb. Aubermann (geb. 1905).

Tod durch Verbrühung

Am 24. Oktober 1897 berichtet die „Dettaer Zeitung“ über einen Unglücksfall, welcher sich am 18. Oktober in der Dettaer Dampfmühle ereignete: „Das ausgeströmte heiße Wasser und der Dampf hat die Taglöhner Imre Pinter (27 Jahre) und Johann Schenk (19 Jahre) abgebrüht, so daß sie gestorben sind“.

Über einen anderen tragischen Fall schreibt dieselbe Zeitung am 17. April 1927: „Bei der Vizesdiaer Frau Irma Lipet wurde im Hofe Seife gekocht. Ihr anderthalbjähriges Mädchen schaute ihr zu. Als die Frau den großen eisernen Topf vom Feuer hob und ihn zum Auskühlen zur Seite stellte, ging das kleine Mädchen aus Neugierde hin (…) und fiel kopfüber in die noch siedende Seife. Wohl wurde das bedauernswerte Kind sofort herausgezogen, doch es starb tags darauf unter furchtbaren Qualen“.

Die dreijährige Katharina Kerekes aus Gottlob ist 1947 „in den siedenden Kessel gefallen und verbrannt“. Tragisch auch das Schicksal der dreijährigen Marlene Marianne Lukhaub (1964-1967) aus Deutschbentschek. Das Mädchen hat sich im Kindergarten in der Küche, wo ihre Großmutter Köchin war, tödliche Verbrennungen zugezogen.

Franz Schmutz aus Moritzfeld ist 1979 im Alter von 64 Jahren an einem „Unfall durch Verbrennung“ ums Leben gekommen. Laut Sterbematrikel ist der 4-jährige Heiny Peter Kiefer aus Großjetscha 1981 „in heißes Wasser gefallen“.

Unfälle mit der Petroleumlampe

In Deutsch-Bokschan hatte die Magd des Gerbermeisters Robert Hammer, Barbara Kneip, die Petroleumlampe so unvorsichtig auf ein Tischchen gestellt, dass sie hinabfiel und das Petroleum in Brand geriet. Das Mädchen wollte den Brand löschen, doch fingen dabei ihre Kleider Feuer und die Unglückliche zog sich so schwere Brandwunden zu, dass sie am nächsten Tag starb. („Dettaer Zeitung“, 16. November 1902) 

In seiner „Geschichte der Gemeinde Sackelhausen“ (1925) erwähnt Egidius Haupt das Schicksal der Frau des Jakob Egler, welche durch die Explosion einer Petroleumlampe starb. Im Sackelhausener Friedhofsbuch (1995, S. 188) von Michael Koppi und Peter Welker ist der Grabstein der Eheleute Egler abgebildet: „Jakob Egler (1862-1943) und Katharina Egler, geb. Drückerschütz (1860-1918)“. Im Sackelhausener Familienbuch von Peter Hummel und Nikolaus Fuhry heißt es diesbezüglich: Katharina Drugoschitz, 16.10.1865-27.03.1918.

Katharina Schneider, geb. Bering, aus Lazarfeld wollte in der Osterfastenzeit 1919 im Schlafzimmer in die brennende Lampe Petroleum nachfüllen. Das Petroleum in der Lampe entzündete sich, die Kanne explodierte. Das Bett, in dem ihre beiden Mädchen Margaretha (10) und Magdalena (9) bereits schlummerten, fing sofort Feuer und brannte lichterloh. Beide Kinder kamen auf grauenvolle Weise in den Flammen um. Der Schwager Franz Schneider, der sich ebenfalls in diesem Raum aufhielt, erlitt schwere Brandwunden. (Lorenz Lang: „150 Jahre Lazarfeld 1800-1950“) Im Familienbuch Lazarfeld (2008) von Hans Repp sind diese Todesfälle dokumentiert: Margaretha Schneider (1909 – 16.03.1919), Magdalena Schneider (1911 – 17.03.1919) und Franz Schneider (1896 – 24.03.1919). Katharina Schneider (geb. 1889 in Sigmundfeld) ist 1922 gestorben.

Kaspar Wegel aus Bruckenau ist 1946 im Alter von 72 Jahren „infolge Petroleumlampenexplosion an Brandwunden“ ums Leben gekommen. Tragisch endete auch das Leben der Theresia Stöckl, geb. Fetzer, aus Nitzkydorf. Die an Epilepsie leidende Frau ist 1968 im Alter von 49 Jahren „verbrannt am Petroleumkocher“.

Tod durch Aragas-Explosion

Aragas ist Propangas, ein Brenn- und Treibgas, das im Banat auch in vielen Haushalten verwendet wurde. Der Umgang mit dem Gas war jedoch sehr gefährlich. Durch eine Explosion in der Aragas-Fabrik in Temeswar ist Peter Koch (1938-1962) aus Mercydorf ums Leben gekommen.

Dasselbe Martyrium hat auch der 27 Jahre alte Hans Neidich (1948-1975) aus Jahrmarkt erlitten. Hans ist am 2. Oktober 1975 an seinem Arbeitsplatz in der Temeswarer Aragas-Fabrik infolge einer Gasexplosion verunglückt und nach qualvollen Leiden am 23. Oktober im Krankenhaus verstorben.

Laut HOG Deutschbentschek (und Daten aus dem Familienbuch von Franz Schneider) löschte 1979 eine Gasflaschenexplosion in ihrer Wohnung in Temeswar das Leben zweier Familien aus: Drehermeister Stefan Grün (geb. 1929, 50 Jahre) und Ehefrau Eva, geb. Handl (geb. 1931, 48 Jahre) sowie Schwiegertochter Hilde, geb. Prinz (25) und Enkeltochter Friederike (2) erlitten qualvolle Verbrennungen. Der Sohn Josef Grün (geb. 1951, 28 Jahre) wurde trotz hochgradiger Verbrennungen gerettet.

Verheerende Explosionen

Im Heimatbuch Temeschburg-Temeswar (1994, S. 229) wird über eine Explosion in der Siebenbürger Kaserne berichtet. Am Morgen des 3. April 1851 war das Pulvermagazin Nr. 3 in der Kaserne aus unbekannten Gründen in die Luft geflogen. Viele Offiziere waren zum Teil schwer verletzt und insgesamt 15 Todesopfer waren zu beklagen.

Im Gespräch mit Walther Konschitzky (Dem Alter die Ehr, „Neuer Weg“) erzählte Ignaz Tambor aus Reschitza, dass sein Vater in der Grube in Doman gearbeitet hat: „In der Grube warʼs gefährlich, dort in Doman. Drei große Unglücke waren dort in der Zeit. (…) Das erste große Unglück war im Jahre 1896. (…) Über neunzig sind damals dringeblieben in Doman. (…) Grubengase sind explodiert, die Flamme hat bis zum Schacht herausgebrannt“.

Über das größte Grubenunglück in der Geschichte des Banater Bergbaus schreibt Tiberius Huszka in seinem Beitrag „Die Grubenkatastrophe von 1920 in Anina-Steierdorf“, erschienen im „Banater Kalender 2010“: „Zwei monumentale Marmor-Gedenkanlagen erinnern auf den Friedhöfen in Sigismund zwischen Steierdorf und Anina und im Ortsteil Tschelnik an ein tragisches Ereignis vor 90 Jahren: Auf ihnen sind die Namen der 183 Bergleute eingemeißelt, die am 7. Juni 1920 verunglückt sind“.

Wie kam es zu dem Unglück? 1915 wurden große Mengen Kriegssprengstoff in Anina gelagert. Das Dynamit, so Huszka, wurde auf den bereits seit langem aufgegebenen 3. Horizont (Schicht) des Hungaria-Schachtes (Rona-Schacht) in zwei Magazinen deponiert. In einem Lager wurden etwa 20000, im zweiten 4000 Kilogramm Sprengstoff untergebracht. In fünf Jahren ist ein chemischer Zersetzungsprozess mit Wärmeentwicklung eingetreten, der schließlich im kleineren Lager zur Selbstentzündung geführt hat. Das große Lager blieb zum Glück verschont.

Die Katastrophe ereignete sich zu Schichtwechsel. Die Explosion hatte eine so verheerende Wirkung, dass die Bergleute versengt oder verbrannt wurden. Ein Kilometer langer, schier endloser Trauerzug begleitete die 183 Kumpel auf ihrem letzten Weg.

Es gab aber auch noch ein 184. Opfer. Das Kuriosum besteht darin, dass der zu Tode gekommene Bergmann nicht in der Grube, sondern zu Hause in seinem Bett starb. Er wohnte nämlich im ersten Haus neben der Grube und die durch die Explosion ausgelöste Erschütterung brachte ein Bild, das über dem Kopfende des Bettes hing, zu Fall. Unglücklicherweise fiel es auf die Schläfen des Mannes und er war sofort tot!

Am 14. Januar 2006 fanden im Rona-Schacht bei einer Sprengung durch eine gewaltige Explosion sieben Bergleute den Tod. Diese Katastrophe besiegelte das Ende des Grubenbetriebs in Anina-Steierdorf. 216 Jahre, nachdem Mathias Hammer 1790 den „schwarzen Stein – Steinkohle bester Qualität“ gefunden hat, fand dieser Industriezweig im Banater Montangebiet ein jähes Ende. Soweit Tiberius Huszka. 

Tod durch Erfrieren

Es gab im Banat in strengen Wintern und Notzeiten auch Fälle, dass Menschen durch Erfrieren und Verhungern zu Tode gekommen sind. Im Heimatbuch Tschakowa (1997) ist der Fall des Valentin Trautmann aus Liebling, 18 Jahre alt, dokumentiert, welcher am 7. Februar 1795 im Ligeter Wald erfroren ist.

Egidius Haupt schreibt in seiner „Monographie von Sackelhausen“ (1925): „Vom ersten tödlichen Unfall, der uns aus schriftlicher Aufzeichnung bekannt ist, wurde im Jahre 1816 am 1. Februar Johann Wetzler betroffen. Er ist erfroren“. Wetzler wurde 1792 geboren und starb mit 24 Jahren.

Das Jahr 1816 war das „Jahr ohne Sommer“, ein ungewöhnlich kaltes Jahr. Im April 1815 brach auf der Insel Sumbawa (Indonesien) der Vulkan Tambora aus. Es war der größte Vulkanausbruch der letzten Jahrtausende, der das Wetter stark beeinflusste, denn die weltumspannenden Aschewolken beeinflussten die Sonneneinstrahlung. Diese Zeit war durch ein ungewöhnlich kalter Winterverlauf in Europa mit Ernteausfällen gekennzeichnet.

Berüchtigt war im Banat der sogenannte „kalte Montag“ am 29. Januar 1816. Nikolaus Hess und Michael Gross berichten im „Heimatbuch der Banater Schwestergemeinden Sankt Hubert – Charleville – Soltur“ (1981) über diesen verhängnisvollen Tag: Am „kalten Montag“ verirrten sich Sveti Huberter Einwohner, welche von einer Tanzunterhaltung von Velika Kikinda über Nakovo zurückkehren wollten, im argen Schneegestöber im Charleviller Hotter. Vier Pferde und drei Personen sind erfroren. Es waren dies der Schmied Andreas Sikert und seine Frau Maria Kovatsch und Gertrud Kindling, die Frau von Peter Buzasch. Sie wurden an Maria Lichtmeß (2. Feber) unter großer Beteiligung der Einwohner aller drei Gemeinden zu Grabe getragen.

Im Winter 1938 ist der 44-jährige Nikolaus Brück aus Lenauheim erfroren. Er hat Tabak „geschwärzt“, d. h. geschmuggelt und wurde in der Jetschaer Landstraße tot aufgefunden. Erfroren und leblos aufgefunden wurde am 16. März 1940 Georg Hlina (geb. 1885) aus Tirol. Ebenfalls 1940 wurde Josef Rothasz aus Nitzkydorf, 43 Jahre alt, erfroren in der Nähe von Bakowa gefunden. „Erfroren am Felde“ ist 1949 der 7-jährige Stefan Hollek aus Großjetscha. Anton Berger aus Wiseschdia ist 1956 im Alter von 48 Jahren „verhungert und erfroren“.