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Aufbruch und Erneuerung - Ein Rückblick auf die Jugendarbeit in den Jahren 1978-1990

Am Landestreffen der Banater Schwaben in Bayern 1981 in Landshut nahmen viele Jugendliche in Tracht teil. Einsender der Fotos: Peter Krier

Für Banater Jugendliche wurden alljährlich Skilager organisiert. 1984 traf man sich auf dem Sudelfeld zwischen Bayrischzell und Oberaudorf.

Mit der Brauchtumsdarstellung „Die letzte schwarze Braut“ belegte die Banater Jugendgruppe München bei den DJO-Landesspielen 1985 in Waldkraiburg den ersten Platz.

Als ich 1974 mit der landsmannschaftlichen Jugendarbeit begann, gab es keine Anknüpfungspunkte mehr zu der in den 1960er Jahren aktiven Banater Jugendgruppe. Infolge des alters- und berufsbedingten Rückzugs der meisten Aktiven hatte sich die Gruppe um 1970 aufgelöst, was zu einem zeitweiligen Bruch in der Jugendverbandsarbeit führte. Es bestand kein Kontakt mehr zu den früheren Mitgliedern, von denen ich nur Rechtsanwalt Hans-Günter Huniar kannte. Außerdem stand ich im Briefwechsel mit Dr. Rüdiger Schwerthöffer, ehemals stellvertretender Jugendleiter.

Bei der Verbandstagung unserer Landsmannschaft 1974 in Ulm fragte ich den damaligen Bundesvorstand, warum es keine Jugendlichen oder jüngere Banater Schwaben im Verband gibt, warum wir keine Jugendorganisation haben. Am Ende der Tagung kam Josef Komanschek, damals stellvertretender Bundesvorsitzender und Landesvorsitzender in Baden-Württemberg, auf mich zu und sagte: „Krier, wenn du siehst, dass hier etwas getan werden muss, dann tue es. Packe es an und warte nicht, denn Wissen ist gut, aber Tun ist wichtig.“

Organisatorischer Neuaufbau ab 1978

Eine Bestandsaufnahme der Jugendarbeit bei der Bundesdelegiertentagung der Landsmannschaft zu Pfingsten 1978 hatte ergeben, dass ein organisatorischer Neuaufbau der Jugendarbeit – auch angesichts des nun einsetzenden Aussiedlerzustroms – dringend geboten ist. Dieser Aufgabe widmete ich mich fortan mit großem Elan in meiner Eigenschaft als Jugendreferent – ein Amt, in das ich vom Bundesvorstand berufen wurde und das ich zwölf Jahre lang innehatte.
Wir mussten praktisch bei null anfangen. Damals bestanden nur drei gemischte donauschwäbische Trachtengruppen in Freising (Gründung 1949), Geretsried (Gründung 1950) und Augsburg (Gründung 1952). Erstere und letztere wurden von Banater Landsleuten geleitet: die Donauschwäbische Trachtengruppe Freising von Annemarie Baer, die Donauschwäbische Trachtengruppe Augsburg von Franz Minnich. Außerdem gab es noch zwei Banater Trachtengruppen: jene der Uivarer in Coburg/Rödental (Gründung 1962, Leitung: Hans Hoffmann) sowie jene der Lieblinger in Legelshurst (Gründung 1970, Leitung: Konrad Schäfer). 

Unser Konzept zum Aufbau einer Jugendorganisation sah vor, uns an die djo-Deutsche Jugend in Europa (vormals Deutsche Jugend des Ostens) anzulehnen, Maßnahmen zu organisieren, die für die Jugend attraktiv sind, und direkte Werbung vor Ort und in den Übergangswohnheimen zu betreiben. Durch gezielte Aktionen und Aktivitäten ist es gelungen, die Jugendarbeit zu beleben und neue organisatorische Strukturen zu schaffen. Einmal angelaufen, kam die Bewegung in Gang und wuchs ähnlich eines den Hang hinabrollenden Schneeballs stetig an. So konnten im Laufe der Jahre über 30 Jugendgruppen gegründet werden.

Eingliederungsseminare für Jugendliche

Entscheidend für unseren Erfolg waren die von der Landsmannschaft veranstalteten Eingliederungsseminare, zu denen die Jugendlichen über die „Banater Post“ und durch persönliche Ansprache eingeladen wurden. Bereits 1978 wurde mit einem Seminar für jugendliche Aussiedler aus dem Banat in München und einem in Pforzheim eine Veranstaltungsreihe eröffnet, die in ununterbrochener Folge jeweils jährlich mit einem Seminar in Bayern und einem in Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz bis Anfang der 1990er Jahre fortgeführt wurde. Staatlicher Aufbau und politisches System der Bundesrepublik, Geschichte, Kultur und Volkskunde der Banater Schwaben, Aufgaben und Ziele der Landsmannschaft sowie Fragen bezüglich der schulischen, beruflichen und gesellschaftlichen Eingliederung jugendlicher Aussiedler waren die Vortrags- und Diskussionsthemen dieser Seminare. Über den offiziellen Teil hinaus waren auch die Begegnungsabende mit geselligem Beisammensein sehr wichtig. 

Im Laufe der Jahre fanden folgende Jugendseminare statt:
1978: München und Pforzheim;
1979: München und Pforzheim;
1980: Bad Kissingen und Pforzheim;
1981: Ingolstadt und Speyer;
1982: Landshut und Bad Wimpfen;
1983: Nürnberg und Heidelberg;
1984: Nürnberg und Karlsruhe;
1985: Regensburg und Speyer;
1986: Nürnberg und Böblingen;
1987: Landshut und Stuttgart;
1988: Würzburg und Hohenstaufen; 
1989: Ingolstadt und Ortenberg. 

Nachdem Banater Jugendliche ab 1978 an Wintermaßnahmen der djo-Deutsche Jugend in Europa teilgenommen hatten, wurden ab 1981 alljährlich eigene Skilager für die Banater Jugend organisiert. Da sich diese Winterlager großer Beliebtheit erfreuten, ging man 1986 dazu über, gleich zwei Skilager für Jugendliche und eine Wintermaßnahme für Kinder anzubieten. 1986 beispielsweise nahmen insgesamt 130 Kinder und Jugendliche an den Wintermaßnahmen der Banater Jugend im Arntal (Südtirol) und in Schleching (Oberbayern) teil. Zusätzliche Begegnungsmöglichkeiten schufen die nun ebenfalls angebotenen Sommerfreizeiten. 

Neue Jugendgruppen entstehen

Die Jugendseminare und gemeinsamen Ferienlager bildeten die Grundlagen zum Aufbau von Jugendgruppen, ein Prozess, der auch von landsmannschaftlicher Seite entschieden vorangetrieben wurde. im Berichtszeitraum waren folgende Jugendgruppen aktiv (die Auflistung erfolgt in alphabetischer Reihenfolge unter Angabe des Gründungsjahrs):
• Aachen (1982)
• Augsburg (1981; donauschwäbisch 1951)
• Crailsheim (1988)
• Esslingen (1988; mit Kindergruppe)
• Forchheim (1983)
• Frankenthal (1981; donaudeutsch 1952)
• Freiburg i. Br. (1980)
• Freising (1949 donauschwäbisch; Kindergruppe 1980)
• Geretsried (1986)
• Ingolstadt (1983; mit Kindergruppe)
• Karlsruhe (1982)
• Lahr (1980)
• Landshut (1988)
• Liebling (1970; mit Kindergruppe)
• Mainz (1984)
• München (1980)
• Nürnberg I (1980)
• Nürnberg II (1987)
• Osthofen (1982)
• Pforzheim (1979)
• Rastatt (1983)
• Ravensburg/Weingarten (1982)
• Regensburg/Neutraubling (1987)
• Reutlingen (1982)
• Rödental (1947; Kindergruppe 1984)
• Sindelfingen (1982)
• Singen (1988)
• Stuttgart (1986)
• Ulmbach (1980)
• Waldkraiburg (1981)
• Würzburg (1979)

In einigen Städten, zum Beispiel in Altötting, Bamberg, Frankfurt am Main, Traunreut, Ulm u.a., hatten wir kleine Gruppen, die keine Volkstänze pflegten, aber an Maßnahmen der Banater Jugend teilnahmen. 

Die Jugendtrachtengruppen entfalteten vielfältige Aktivitäten, sie absolvierten unzählige Auftritte bei Veranstaltungen der Heimatortsgemeinschaften, der Kreis- und Landesverbände wie auch des Bundesverbandes der Landsmannschaft, nahmen an Umzügen und Festen auf lokaler Ebene teil und wurden so zu einem Aushängeschild unseres Verbandes. Schon bald nach ihrer Gründung nahmen die Banater Jugendgruppe Würzburg unter der Leitung von Stefan Jesch und die Banater Jugendgruppe München unter der Leitung von Stefan Ruttner an den Musisch-kulturellen Landesspielen der DJO Bayern sowie an den DJO-Bundesspielen teil und erzielten sehr gute Platzierungen.  

Die Gründung einer ganzen Reihe von Jugendgruppen Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre und deren Teilnahme an den landes- und bundesweiten Jugendmaßnahmen und landsmannschaftlichen Großveranstaltungen machte die Schaffung organisatorischer Strukturen auf Landesebene erforderlich. Die beiden neu gegründeten Landesgruppen in Bayern und Baden-Württemberg schlossen sich der DJO an. Als nächster Schritt wurde die Schaffung eines Bundesverbandes ins Auge gefasst. So beschloss man beim Heimattag 1982, an dem zehn Jugendgruppen teilnahmen, einen Bundesverband der Banater Jugend zu gründen.

In der Absicht, das donauschwäbische Stammesbewusstsein zu fördern und einen starken Bundesverband aufzubauen, stimmten die Banater Jugendgruppen letztendlich der Gründung eines Bundesverbandes der Donauschwäbischen Jugend zu, die im Juni 1982 im Haus der Heimat Stuttgart vollzogen wurde. Doch die in diesen Verband gesetzten Erwartungen erfüllten sich nicht, und so entschloss man sich zur Gründung eines eigenen Banater Jugendverbandes. Der Heimattag 1986 in Ulm, an dem auch ein großes Handballturnier der Jugend stattfand, bot einen guten Anlass dazu.

Gründung des Bundesverbandes

An der Gründungsversammlung nahmen über 400 Jugendliche teil. „Im Bewusstsein ihrer Herkunft und Zugehörigkeit, in Anbetracht gemeinsamen Strebens und gemeinsamer Zielsetzungen haben die am 17. Mai 1986 versammelten Jugendgruppen und Jugendlichen aus dem Banat die Gründung eines Verbandes der Banater Jugend in der Bundesrepublik Deutschland, unter der Bezeichnung ‚Bundesverband Banater Jugend‘, beschlossen“, heißt es in dem Beschluss der Gründungsversammlung, der unter anderem auch die Grundsätze der Verbandsarbeit definierte. Zu diesem Zeitpunkt bestanden bereits 19 Jugendgruppen bundesweit. Zum Vorsitzenden des Bundesverbandes wurde Stefan Jesch gewählt. Ein 13-köpfiges Arbeitsgremium erhielt den Auftrag, eine Satzung und Arbeitsrichtlinien zu erarbeiten.

Zum Abschluss kam der Gründungsprozess ein Jahr später, als die Delegiertenversammlung in Stuttgart am 3. Mai 1987 dem Satzungsentwurf zustimmte und beschloss, dass der Verband den Namen „Deutsche Banater Jugend“, in der Kurzform DBJ, trägt. Bundesvorsitzender blieb Stefan Jesch, ihm folgte 1989 Wilmuth Müller (bis 1992).

Die landsmannschaftliche Jugendarbeit verfügte nun über eine feste organisatorische Struktur unter dem Dach der Deutschen Banater Jugend, mit einem Bundesvorstand, zwei Landesverbänden – während der Landesverband Bayern fortbestand, wurde in Baden-Württemberg eine Neugründung im Februar 1987 vorgenommen – und Jugendgruppen in zahlreichen Kreisverbänden.

Die DBJ führte zum einen die seit 1978 geleistete Arbeit zielstrebig fort, zum anderen strebte sie an, ihre Tätigkeit durch die Gründung weiterer Jugendgruppen auf eine breitere Basis zu stellen, die Palette der Angebote durch neue Veranstaltungsformate zu erweitern und sich noch weiter nach außen zu öffnen.

Heimattage und Bundesspiele der DBJ 

Die Heimattage der Banater Schwaben führten alle zwei Jahre in Ulm (1988 in Nürnberg) die Jugend- und Trachtengruppen zusammen und boten diesen vielfältige Mitwirkungsmöglichkeiten. So übernahmen sie die Gestaltung des Volkstumsnachmittags, für dessen Organisation ich verantwortlich zeichnete, und präsentierten auf der Bühne jedes Mal ein buntes Programm aus Volkstänzen, Liedern und Mundartvorträgen, das vom Publikum begeistert aufgenommen wurde. Indem sie sich mit großer Leidenschaft der Pflege der heimatlichen Trachten und des überlieferten Brauchtums zuwandten, leisteten die Banater Jugend- und Trachtengruppen – und sie tun es bis heute – einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung des kulturellen Erbes unserer Gemeinschaft. Ein weiterer Anziehungspunkt für die Jugend waren die Handballturniere, die ab 1986 ins Programm der Heimattage aufgenommen wurden, sowie die Unterhaltungsabende. Die Heimattage sind praktisch ohne den substanziellen Beitrag der Jugend- und Trachtengruppen undenkbar.

Die ersten Bundesspiele der Banater Jugend, die 1987 in Stuttgart ausgetragen wurden, bildeten den Auftakt für ein neues Veranstaltungsformat, das auf großen Zuspruch gestoßen ist. Bei den alle zwei Jahre stattfindenden Spiele stellten sich die Jugendgruppen einem Wettbewerb, der einen Wissensnachweis über Geografie, Geschichte, Literatur, Kultur und Volkskunde und eine Brauchtumsdarstellung umfasste. An den Bundesspielen 1987 nahmen elf Gruppen teil, an der zweiten Auflage 1989, ebenfalls in Stuttgart, wirkten acht Gruppen mit. Als Gesamtsieger aus den beiden ersten Auflagen ging jeweils die Münchner Gruppe hervor, deren Brauchtumsvorführungen – „Die letzte schwarze Braut“ beziehungsweise „Spuren ins Banat“ – besondere Beachtung fanden. Die Gruppen aus Ingolstadt und Würzburg belegten 1987 die Plätze zwei und drei, zwei Jahre später tauschten sie die Plätze.

1989 trat die Deutsche Banater Jugend der djo-Deutsche Jugend in Europa, Bundesverband bei. Die Zusammenarbeit mit der DJO und den Jugendorganisationen anderer Landsmannschaften erwies sich in den folgenden Jahren als hilfreich und anspornend, ebenso die Kooperation mit dem im Juni 1989 gegründeten Arbeitskreis Junger Banater Akademiker (Arbeitskreis BanatJA).

Die Jahre 1978-1990 waren eine Zeit des Aufbruchs und der organisatorischen Erneuerung der landsmannschaftlichen Jugendarbeit. Es war ein sehr intensive und aktive Zeit, in der mit viel Idealismus und Enthusiasmus bemerkenswerte Leistungen erbracht und gute Erfolge erzielt wurden. Im Rückblick erfüllt es mich mit Genugtuung, die Jugend-arbeit in diesen zwölf fruchtbaren Jahren federführend begleitet und meinen Beitrag zur Schaffung einer starken Jugendorganisation geleistet zu haben, die bis heute eine unverzichtbare Stütze unseres Verbandes ist.