zur Druckansicht

UTA und das achte Weltwunder! (Teil 5)

Das Wunder ist vollbracht! Trainer Coco Dumitrescu inmitten seiner jubelnden Spieler. Foto: Archiv Radu Romanescu

Vor zehn Jahren trafen sich die Spieler beider Mannschaften in Rotterdam. Foto: Libertatea

UTA-Gründer Baron Franz von Neumann wäre am 10. Oktober 110 Jahre alt geworden. Quelle: https://liceul-neuman.ro

Flavius Domide (74) wurde vom berühmten englischen Fußballautor und Schriftsteller Brian Glanville als „Goldenes Kind des rumänischen Fußballs“ bezeichnet. Der gebürtige Arader absolvierte von 1966 bis 1979 insgesamt 342 Erstligaspiele für UTA – so viele wie kein anderer – und 18 Länderspiele (drei Tore). Für UTA markierte der Mittelfeldregisseur insgesamt 75 Treffer. Er wurde ebenfalls zweimal Meister mit den Rot-Weißen. Früher spielte er auch Wasserball. Sein Vater war Grieche, die Mutter Ungarin. Während seiner aktiven Zeit war er als Funktionär im Textilbetrieb angestellt. Später trainierte er UTA, Poli Temeswar, Inter Arad, Unirea Großsanktnikolaus. Gesundheitlich geht es ihm nicht so gut. Denn vor sechs Jahren prallte er in einem Altherrenspiel beim Kopfballduell mit einem Gegner zusammen und verletzte sich schwer am Kopf. Im Temeswarer Kreisspital musste ihm ein Blutgerinnsel im Gehirn entfernt werden. Seither lebt Domide als Rentner zurückgezogen in Arad und zeigt sich nur ganz selten in der Öffentlichkeit.

Mircea Axente (76) hat wie Domide ebenfalls nur für UTA gespielt. Der gelernte Mechaniker machte für die Rot-Weißen zwischen 1963 und 1976 insgesamt 286 A-Ligaspiele, in denen er 42 Tore schoss. Auch er gewann zwei Meisterschaften. Sein Spitzname war „Senatorul“. Der konterstarke Rechtsaußen und gebürtige Arader beendete seine Karriere 1976 verletzungsbedingt in einem Spiel gegen Dinamo Bukarest und war seither als Schiedsrichter in der A-Liga und Spielbeobachter des Rumänischen Fußball-Verbandes tätig. Er lebt als Rentner in Arad.

Otto Dembrovsky (separater Bericht folgt)

Florian Dumitrescu (73) kickte zwischen 1967 und 1971 in 85 Spielen für UTA, schoss neun Tore und wurde zweimal Meister. Nach UTA spielte er u. a. auch bei den Hauptstadtvereinen Steaua und Dinamo. Der ehemals wieselflinke Linksaußen lebt als Rentner in Bukarest. Er ist noch immer topfit und spielt auf dem Rasen seines Hauses gerne Tennis mit dem Fuß. „Der Rasen ist so ausgezeichnet wie einst bei UTA“, scherzt er.

Viorel Sima (70) absolvierte zwischen 1968 und 1976 für UTA 189 Punktspiele (18 Tore) im offensiven Mittelfeld. „Urechilă“, so sein Spitzname, holte ebenfalls zwei Meister-titel. Der waschechte Arader und gelernte Schlosser war stellvertretender Vorsitzender von UTA beim Aufstieg 1993 in die A-Liga. Er lebt als Rentner in Arad.

Auf der Ersatzbank saßen im Rückspiel gegen Feyenoord die Torhüter Ioan Bătrâna (69, Rentner in Arad) und Mihai Jivan (69, Rentner in Arad), Verteidiger Gheorghe Czakó (starb im April dieses Jahres in Arad im Alter von 75 Jahren) und Mittelfeldspieler Petru Şchiopu (starb 2014 in Arad im Alter von 67 Jahren).

Cheftrainer Nicolae „Coco“ Dumitrescu starb 1999 in Arad mit 78 Jahren an Hirnschlag. Der gebürtige Bukarester kam 1946, ein Jahr nach Gründung des Vereins, zu UTA und brachte es als pfeilschneller Linksaußen auf zehn Länderspiele (zwei Tore). Was nur wenige wissen: Zweimal wollte der Verband ihn als rumänischen Nationaltrainer verpflichten: 1970 und 1975. Aber beide Male gab Coco der Nationalmannschaft einen Korb. „Obwohl die Versuchung groß und das Angebot extrem ehrenvoll war, blieb ich in Arad“, sagte Dumitrescu. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah... Begraben ist er auf dem Arader Friedhof Eternitatea.

Assistenztrainer Johann Reinhardt starb 1993 im Alter von 73 Jahren in Reschitza, genau an dem Tag, als UTA der Wiederaufstieg in die A-Liga gelang. Der Banater Schwabe aus Arad bestritt von 1945 bis 1953 insgesamt 135 Punktspiele (sieben Tore) für UTA, gewann drei Meisterschaften und zwei Rumänienpokale. Zwischen 1956 und 1971 war er 13 Jahre lang Chef- oder Assistenztrainer der Arader.

Nostalgisches Wiedersehen

Vierzig Jahre später war Schiedsrichter Biwersi beim Wiedersehen der beiden Mannschaften von damals in Rotterdam nicht mehr dabei. Eingeladen wurden die Spieler, aber keine Schiedsrichter. Ermöglicht hat das Rendezvous der Arader EU-Parlamentarier Iosif Matula. Er sorgte dafür, dass sich am 17. November 2010 in Rotterdam Spieler von UTA und Feyenoord trafen – vier Jahrzehnte nach den beiden legendären Auf-
einandertreffen. Aber nicht alle von damals waren dabei. Einige sind in der Zwischenzeit verstorben, andere blieben aus beruflichen Gründen weg. Von UTA gekommen waren Gábor Bíró, Flavius Domide, Mircea Axente, Viorel Sima, Florian Dumi-trescu sowie die beiden Reservespieler Ioan Bătrâna und Petru Şchiopu. Von Feyenoord waren anwesend Wim Jansen, Piet Romeijn, Coen Moulijn, Henk Wery, Rinus Israel, Joop Van Daele, Theo Van Duivenbode, Dick Schneider und Bram Gildeman.

Es war ein freudiges Wiedersehen nach so langer Zeit, bei dem nicht nur Fotos gemacht und Erinnerungen ausgetauscht wurden, sondern auch Wimpel, Trikots und DVDs. Natürlich hat man sich auch Filmausschnitte der beiden Begegnungen angesehen. Flavius Domide meinte: „Nach 40 Jahren verspüre ich eine sehr große Nostalgie. Leider fehlen aus beiden Mannschaften einige Spieler bei diesem Treffen. Ich habe mich sehr gefreut, meinen direkten Gegenspieler von damals Wim Jansen wiederzusehen, dem ich früher auch beim Aufeinandertreffen unserer Nationalmannschaften begegnet bin.“ Jansen entgegnete: „Im Leben erinnert man sich gerne an schöne Dinge, die unschönen versucht man zu vergessen. Ich habe versucht mich von diesen Spielen zu distanzieren. Aber ich verstehe jetzt, was dieses Spiel für UTA bedeutet hat. Es war eine große Begegnung.“ Jansens Teamkollege Piet Romejin gestand: „Vor dem Spiel hatte ich nie von UTA gehört. Aber ich habe erfahren, was für eine Mannschaft das ist, nachdem wir ausgeschieden sind. Es war eine große Enttäuschung für uns.“

Torschütze Florin Dumitrescu erinnert sich gerne an Feyenoord: „Die Jahre sind über uns hinweggegangen. Trotzdem habe ich die Spieler gleich wiedererkannt. Es war eine herrliche Begegnung. Das Ergebnis hat die ganze Welt verwundert. Es war das beste Resultat aller Zeiten von UTA. Damals habe ich Romejin schwindlig gespielt in den beiden Partien, nach denen er seinen Platz in der Mannschaft verloren hat.“ Dieser wurde von Dick Schneider eingenommen. Er erzählte: „Ich war acht Jahre Stammspieler, nahm nach den Spielen gegen UTA den Platz von Romejin ein, obwohl ich ein fauler Spieler war. So kommt es, wenn man eine kleine Mannschaft unterschätzt.“

Gábor Bíró beschrieb seine Eindrücke mit viel Gefühl: „Niemand hat es bemerkt, aber ich verspürte eine große Emotion. Es ist fast ein Menschenleben seit damals vergangen. Diese Spiele werden wir im Herzen behalten, so lange wir leben.“ Der ehemalige drahtige Arader Außenverteidiger flachste: „Moulijn war mein direkter Gegenspieler. Ich habe ihn jetzt nicht auf Anhieb wiedererkannt, aber er mich. Er sagte mir, dass ich ihn in den beiden Spielen fertig gemacht habe. Ich habe ihm jetzt eine Partie nur zwischen uns beiden vorgeschlagen, aber er wollte nicht, stattdessen lud er mich zu einem Bier ein. Somit habe ich auch diesmal gewonnen durch sein Nichterscheinen.“ Und Moulijn erwiderte: „Ich spüre jetzt noch Bírós Tritte. Mir gelang es nicht an ihm vorbeizukommen.“ Gerührt war auch Mircea Axente: „Wir sind an den Tatort zurückgekommen, nicht wahr? Alles war sehr emotional. Ich habe mir ihre und unsere Gesichter angeschaut. Man hat die Spuren gesehen, die die Zeit hinterlassen hat. Sie haben sich an ihre höchste Bestrafung erinnert. Für uns war es natürlich umgekehrt. Durch das Wiedersehen habe ich mich wieder an jene Jahre erinnert. Ich bin überzeugt, dass es Momente waren, denen wir nicht mehr begegnen werden.“ Abschließend noch einmal Domide, der ein Fazit der beiden legendären Spiele zog: „Durch eine Ausnahmemobilisierung haben wir Feyenoord ausgeschaltet. Wir hatten damals eine außerordentlich wertvolle Spielergeneration, ansonsten wären wir nicht 1969 und 1970 mit UTA rumänischer Meister geworden.“

Rendezvous im Himmel

Von den zwölf UTA-Fußballern aus dem Rückspiel gegen Rotterdam sind in den vergangenen 50 Jahren fünf gestorben, ebenso die beiden Trainer. Von den dreizehn Feyenoord-Spielern sind Coen Moulijn und Theo Laseroms nicht mehr am Leben genauso wie Trainer Ernst Happel. An ihn erinnert in Wien das Ernst-Happel-Stadion. Das frühere Praterstadion wurde nach Happels Tod 1992 ihm zu Ehren umbenannt. Mit einem Fassungsvermögen von 50865 Plätzen ist es das größte Stadion Österreichs. Große Ehre für einen der ganz Großen des Weltfußballs – sowohl als Spieler als auch als Trainer.

Ein Wiedersehen aller Beteiligten von damals wird es auf Erden nicht mehr geben. Aber wer weiß: Vielleicht treffen sich ja die Biwersis, Happels, Reinhardts, Coco Dumitrescus, Calinins, Laseroms, Petescus, Moulijns, Gorneas, O. Dembrovskys und Brosovszkys im Himmel wieder. Bestimmt gesellt sich dann auch Baron Franz von Neumann hinzu, der Vater von UTA.

Zwei Jahre nach Gründung des Vereins haben ihn die Kommunisten nach dem Gewinn der ersten Meisterschaft enteignet, sein gesamtes Vermögen beschlagnahmt und ihn für acht Monate ins Gefängnis gesteckt. Anschließend karrten sie den Baron an den Stadtrand von Arad und forderten ihn auf, Rumänien unverzüglich zu verlassen. Er tat dies ohne Geld und mit einem Fahrrad, ähnlich denen, die er seinen Spielern anlässlich des Meistertitels zuvor als Prämie geschenkt hatte.

Über Nadlak ging es in die Schweiz, anschließend nach Salzburg und später über den Großen Teich in die USA. Von dort traf nach der Riesensensation gegen Feyenoord ein Telegramm des Barons bei UTA ein. Darauf stand ein einziges Wort „Bravo!“ Unterschrieben war das Telegramm mit F. N.

Im Himmel trennen den Baron keine Grenzen und keine Diktaturen mehr von seiner UTA. Dort oben kann er mit seinen Spielern und Trainern über die vergangenen glorreichen Zeiten fachsimpeln sowie in Erinnerungen schwelgen. Und wenn er zusammen mit den fünf Arader Spielern und zwei Trainern aus den Begegnungen gegen Feyenoord auf die Erde hinunterblicken wird, haben sie allen Grund zur Freude. Denn: Ihre Nachfolger sind nach zwölf Jahren Abwesenheit in die erste rumänische Liga zurückgekehrt. Dort schicken sie sich an, in die großen Fußstapfen ihrer berühmten Vorgänger zu treten.

Und wer weiß: Vielleicht wird eines Tages über dem Arader Fußballhimmel wieder ein Stern aufgehen. So strahlend und leuchtend hell wie damals vor 50 Jahren. Am Mittwoch, dem 30. September 1970...