Am 9. Mai fand in Rumänien, das turnusgemäß bis Ende Juni die halbjährige EU-Ratspräsidentschaft innehat, der informelle Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union statt. Der rumänische Staatspräsident Klaus Johannis hatte die Mitglieder des Europäischen Rates nach Hermannstadt – seiner Heimatstadt, deren Bürgermeister er 14 Jahre lang war – eingeladen. Nach dem Abschluss des EU-Gipfels besuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Begleitung von Staatspräsident Klaus Johannis, der Hermannstädter Bürgermeisterin Astrid Fodor und des Abgeordneten der deutschen Minderheit im rumänischen Parlament Ovidiu Ganţ das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR). Im Spiegelsaal des Forums wurde sie von über hundert Vertretern der deutschen Minderheit aus dem ganzen Land herzlich empfangen. An der Begegnung nahm auch der Vorsitzende des Banater Regionalforums Dr. Johann Fernbach mit einer Gruppe Jugendlicher in banatschwäbischer Tracht teil.
„Wir hatten mehrere Bundespräsidenten hier zu Gast, aber noch nie einen Bundeskanzler. Es ist deshalb für uns ein historischer Besuch und ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, Ihnen für die konstante Hilfe zu danken, die die Regierungen seit 2005 unter Ihrer Kanzlerschaft uns haben zukommen lassen“, sagte der DFDR-Vorsitzende Paul-Jürgen Porr in seiner Begrüßung. Die deutsche Minderheit in Rumänien sei schon immer europäisch gesinnt gewesen, hob Porr hervor: „Das, was wir heute als europäisches Gedankengut bezeichnen, nämlich friedliches interethnisches und interkonfessionelles Zusammenleben, das wurde in Siebenbürgen, im Banat oder in der Bukowina über die Jahrhunderte gelebt.“ Das europäische Erbe verpflichte die deutsche Minderheit in Rumänien auch heute.
Man sei stolz darauf, „dass jeder deutsche Politiker, der uns besucht, von der Brückenfunktion unserer Minderheit spricht“, sagte der DFDR-Vorsitzende weiter. „Wir versuchen, diesen Begriff tatsächlich mit Leben zu erfüllen“, nicht nur in den Beziehungen zu Deutschland. Die deutsche Minderheit baue brücken auch zu den anderen nationalen Minderheiten des Landes und vor allem zur rumänischen Bevölkerung. „Die Siebenbürger Sachsen, Banater und Sathmarer Schwaben, Zipser, Landler, Bukowina- und Dobrudschadeutschen waren immer loyale Bürger ihres Staates, egal wie dieser im Laufe der Geschichte hieß“, betonte Paul-Jürgen Porr. Umso bedauerlicher sei die Tatsache, „dass die derzeitige Regierungspartei durch einige ihrer Vertreter und deren Sprachrohre eine wahre Diffamierungskampagne gegen das DFDR losgetreten hat, in der wir bezichtigt werden, Nachfolger einer Naziorganisation zu sein“. Diese Kampagne nehme immer groteskere Züge an, aber man werde auch diese Regierung überleben, versicherte der DFDR-Vorsitzende.
„Ich freue mich sehr, dass ich heute hier bei Ihnen im Spiegelsaal des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien sein darf“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Hermannstadt habe sich wunderbar präsentiert, und auch der Empfang der Menschen draußen sei sehr herzlich gewesen, Staatspräsident Johannis habe diesen Europäischen Rat exzellent organisiert. „Insofern haben wir diesen Tag und diese Stunden heute bei Ihnen sehr genossen“, bekannte die Kanzlerin.
Die deutsche Minderheit habe „eine unglaublich wichtige Funktion“. Sie stehe zur Demokratie und wehre sich, wenn es notwendig sei. „Wir verfolgen die Entwicklungen in Rumänien mit Sorge“, erklärte Angela Merkel. Man versuche „mit aller Kraft darauf Wert zu legen, dass in allen Mitgliedsstaaten Rechtsstaatlichkeit, Fairness, Schutz von Minderheiten und die kulturelle Vielfalt das ist, was uns ausmacht und bereichert“. „Wo notwendig, erhebt die Kommission ihr Wort und erheben auch wir unser Wort. Deshalb dürfen Sie davon ausgehen, dass wir Ihre Verbündeten sind, wenn man Sie beleidigt, wenn man Sie beschuldigt“, versicherte die Bundeskanzlerin.
Dass die Deutschen in Rumänien eine Brücke zwischen den beiden Ländern seien und ihr kulturelles Erbe hochhielten, dafür dankte Merkel. Die Bundesrepublik unterstütze die deutsche Minderheit mit 2,4 Millionen Euro jährlich sowie durch die Ausbildung deutschsprachiger Lehrer. „Die Staatsministerin für Kultur im Bundeskanzleramt hat ein gutes Herz, auch der Innenminister. Wir sind dadurch auch immer wieder mit Ihnen verbunden und hören durch die Wünsche, die Sie äußern, natürlich auch von den Schwierigkeiten, die Sie haben“, so die Bundeskanzlerin. Auf die Pflege des kulturellen Erbes bezogen ermutigte sie die Anwesenden: „Tun Sie das weiter, auch mit Ihren Kindern!“