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Die Welle der Hilfsbereitschaft ebbt nicht ab

Helmut Weinschrott (rechts), Direktor der Adam-Müller-Guttenbrunn-Stiftung, der mit seiner Frau Anni zur Jubiläumsfeier der Arbeitsgemeinschaft „Berchtesgaden hilft Rumänien“ eigens aus Temeswar angereist war, überreichte dem Ehepaar Herta und Arnold Eder (links) eine Auszeichnung. Foto: Ulli Kastner, Berchtesgadener Anzeiger

Februar 1990: Schwäbinnen in Bakowa nehmen dankbar die Hilfspakete aus dem Berchtesgadener Land entgegen.

Dank Unterstützung aus dem Berchtesgadener Land erhalten 35 bedürftige Kinder in Bakowa ein warmes Mittagessen. Einsender: Arnold Eder

Alles begann kurz nach dem Fall der kommunistischen Diktatur in Rumänien. Auf Initiative von Pfarrer Dr. Wolfgang Höhne, Prälat Dr. Walter Brugger und Landrat Martin Seidl wurde im Januar 1990 die ökumenische Arbeitsgemeinschaft „Berchtesgaden hilft Rumänien“ ins Leben gerufen. Der damalige Pfarrer von Bischofswiesen, Karl Hofherr, bat das Lehrerehepaar Herta und Arnold Eder um Unterstützung, zumal Herta Eder aus Bakowa stammt und das Ehepaar das Banat gut kannte. Obwohl beide mitten im Berufsleben standen und zwei Töchter im Alter von fünf und zwölf Jahren hatten, sagten sie spontan zu. So legten die Gründer der Arbeitsgemeinschaft die Verantwortung für die Organisation der Hilfe vertrauensvoll in ihre Hände.

Hilfsaktionen begannen vor 25 Jahren

Die erste Spendensammlung war ein großer Erfolg. „Wir waren von der Hilfsbereitschaft völlig überrascht. Das war wie eine Lawine“, erinnert sich Arnold Eder. Am 24. Februar 1990 startete der erste Hilfstransport Richtung Rumänien. Vier Fahrzeuge brachten in Begleitung von zwölf Personen 564 Lebensmittelpakete und 225 Babypakete, Medikamente und medizinische Geräte sowie Unmengen an Kleidung und Bettwäsche nach Bakowa. In den meisten Paketen befanden sich Briefe der Absender, sodass gleich persönliche Kontakte entstanden, die zum Teil heute noch bestehen. „Als wir dort unten die Kranken- und Waisenhäuser gesehen haben, war für uns klar, dass wir weitermachten mussten“, sagt Arnold Eder.

Seither sind 25 Jahre vergangen. Die Arbeitsgemeinschaft „Berchtesgaden hilft Rumänien“, die sich
zunächst in kirchlicher Trägerschaft befand und seit 2001 Vereinsstatus hat, kann heute stolz auf das bislang Geleistete zurückblicken. Dass die Hilfsorganisation seit einem Vierteljahrhundert erfolgreich wirken kann, verdankt sie einerseits der ungebrochenen Hilfsbereitschaft zahlreicher Spender und Helfer aus den Pfarreien Berchtesgaden, Bischofswiesen, Ramsau, Schönau und Winkl. „Es ist sagenhaft, wie uns die Einheimischen unterstützen“, freut sich Vereinsvorsitzender Arnold Eder. Andererseits kann die Arbeitsgemeinschaft seit Anbeginn auf die Unterstützung vor Ort durch Helmut Weinschrott, dem Leiter der in der Adam-Müller-Guttenbrunn-Stiftung zusammengeschlossenen Sozialeinrichtungen im Banat, und dessen Frau Anni bauen. „Ohne sie wäre unsere Leistung nie in dieser Weise zustandegekommen“, stellt Arnold Eder fest. Und nicht zuletzt hängt der Erfolg der Arbeitsgemeinschaft mit dem unermüdlichen Engagement von Herta und Arnold Eder zusammen, die seit nunmehr 25 Jahren ehrenamtlich die gesamten Hilfsprojekte koordinieren.

Bewährtes Modell der sozialen Patenschaften

In den Jahren 1990-1991 folgten weitere umfangreiche Hilfstransporte, die vor allem für Bakowa, aber auch für das Krankenhaus in Busiasch und das Waisenhaus in Găvojdia bestimmt waren. Die Arbeitsgemeinschaft war stets bemüht, ihre Hilfestellung den sich wandelnden Gegebenheiten und Bedürfnissen vor Ort anzupassen und effektiv zu gestalten. So wurde bald nach der Eröffnung des Altenheimes in Bakowa im Januar 1992 ein neuer Schritt gewagt und das bis heute erfolgreich praktizierte Modell der Patenschaften für bedürftige Personen etabliert. Zunächst wurde über diese von Privatpersonen und kirchlichen Einrichtungen übernommenen Patenschaften die Vollverpflegung einer bestimmten Anzahl alter und bedürftiger Menschen in Bakowa übernommen, die über die Küche des dortigen Altenheims versorgt werden. Nach der Eröffnung des Adam-Müller-Guttenbrunn-Altenheims in Temeswar wurde das Modell auf Bedürftige ausgeweitet, die dort ihren Lebensabend verbringen. Zudem wurden Patenschaften eingerichtet, über die die Kosten des Mittagessens gedeckt werden, das bedürftige Personen als Essen auf Rädern von der Küche des AMG-Altenheims erhalten. Seit 1997 bekommen zusätzlich 35 bedürftige (rumänische) Schulkinder aus Bakowa ein warmes Mittagessen, wonach sie unter Betreuung ihre Hausaufgaben erledigen können. Der Berchtesgadener Verein bezuschusste den Bau des 2002 eröffneten Speisesaals für diese Kinder und übernahm zum Teil auch die Ausstattungskosten.

Zurzeit bestehen 71 Patenschaften, darunter elf von kirchlichen Einrichtungen, womit die Vollverpflegung für 9 bedürftige Bewohner im Altenheim Bakowa bzw. für 15 Bedürftige im Altenheim Temeswar sowie das Mittagessen für 34 Kinder in Bakowa bzw. für 13 Bedürftige in Temeswar (Essen auf Rädern) finanziert werden. Allein für diese Patenschaften wurden von 1992 bis einschließlich 2015 Geldspenden in Höhe von 370375 Euro aufgebracht. Über die sogenannten Personal-Patenschaften, mittels derer das Personal (derzeit 20 Personen) bezuschusst wird, kamen von 2000 bis 2014 weitere 37656 Euro zusammen. Werden noch verschiedene Barzuschüsse im Wert von 10360 Euro hinzugerechnet, so ergibt sich die stattliche Gesamtsumme von 418391 Euro.

Hilfsbereitschaft ist bis heute ungebrochen
Einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung der Arbeitsgemeinschaft leisten der Familienkreis Ramsau,  der Frauenbund Unterstein und die Pfarreien Bischofswiesen und Winkl. Aus den Erlösen verschiedener Aktionen finanzieren sie ihre insgesamt elf Patenschaften. Die vom Arbeitskreis Jugend der Pfarrei Bischofswiesen und dem Pfarrgemeinderat Winkl 2007 initiierte Aktion „Weihnachtssäckchen“ für die Schul- und Kindergartenkinder in Bakowa entwickelte sich zu einem Renner. Mittlerweile machen auch die Kindertagesstätte Bischofswiesen-Winkl und der Kindergarten Ramsau mit. In acht Jahren kamen über 2000 Säckchen zusammen.

Der Gesamtwert der im Laufe der Jahre ins Banat gebrachten Sachspenden lässt sich nicht genau beziffern. Wertmäßig erfassbar sind nur die „genormten“ Lebensmittelpakete und Weihnachtssäckchen sowie eine Sachspende für das Waisenhaus in Găvojdia. Das sind insgesamt 47848 Euro. Geld-, Sach- und Medikamentenspenden (letztere über den Pharmakonzern Hoffmann – La Roche) dürften bei über einer Million Euro liegen. Eine beeindruckende, Achtung gebietende Leistung!

Die Arbeitsgemeinschaft „Berchtesgaden hilft Rumänien“ feierte am 7. März mit zahlreichen Weggefährten und Ehrengästen in Bischofswiesen ihr 25-jähriges Bestehen. Nach einem von Prälat Dr. Walter Brugger und weiteren sieben Priestern zelebrierten Dankgottesdienst in der Herz-Jesu-Kirche, trafen sich die rund 130 geladenen Gäste zum gemeinsamen Rückblick im Pfarrheim. In emotionalen Ansprachen erinnerten mehrere Redner an die Anfänge der Arbeitsgemeinschaft, so auch Pfarrer Dr. Wolfgang Höhne. Eine der ersten Stationen im Banat im Februar 1990 sei der Besuch eines Waisenhauses gewesen. „Hier spürten wir das ganze Elend und die Verlorenheit dieses Landes und seiner Kinder“, so Pfarrer Dr. Höhne. Umso mehr freue es ihn heute, dass man auf eine „seit 25 Jahren laufende Aktion der partnerschaftlichen, christlichen und menschlichen Unterstützung“ zurückblicken könne.

Wie wertvoll gerade die anfängliche Hilfe in Bakowa war, hob Monsignore Otto Barth hervor, der von 1987 bis 1993 als Pfarrer in Bakowa wirkte. Sein Dank für die bis heute andauernde Hilfe ging an alle Beteiligten.

Jubiläumsfeier mit vielen Weggefährten

Höhepunkt des Festabends war die Ehrung von Herta und Arnold Eder, in deren Händen seit einem Vierteljahrhundert die Hauptverantwortung für diese einzigartige Hilfsaktion liegt. Helmut und Anni Weinschrott, ihre wichtigsten Kontaktpersonen im Banat, waren zur Feier nach Bischofswiesen gekommen, um sich persönlich beim Ehepaar Eder, aber auch den anderen Helfern und Spendern zu bedanken und der Arbeitsgemeinschaft „Berchtesgaden hilft Rumänien“ zu ihrem 25-jährigen Bestehen zu gratulieren. „Ich danke allen aus dem Berchtesgadener Land aus tiefstem Herzen, nicht nur für ihre hervorragende Arbeit, sondern auch für ihre unverbrüchliche Treue zu ihren Schützlingen“, bekräftigte Helmut Weinschrott. Für ihren Einsatz zum Wohle der Banater Schwaben überreichte er Herta und Arnold Eder im Auftrag der Adam-Müller-Guttenbrunn-Stiftung eine Auszeichnung samt Urkunde.

Nicht mit leeren Händen gekommen waren auch Landrat Georg Grabner und Bischofswiesens Bürgermeister Thomas Weber, die Herta und Arnold Eder jeweils einen Spendenbetrag zum Jubiläum überreichten. „Es ist unglaublich, was Menschen im Sinne der Nächstenliebe zu tun vermögen“, lobte Landrat Grabner und dankte Initiatoren, Organisatoren und Spendern. Begeistert zeigte sich auch Bürgermeister Weber, der die Helfer der Aktionsgemeinschaft als Vorbilder bezeichnete.

Bevor Herta und Arnold Eder die ersten 25 Jahre der Hilfsorganisation im Rahmen einer Bildpräsentation noch einmal in Erinnerung riefen, ließ auch noch Landtagspräsidentin Barbara Stamm ihren Dank durch ihren früheren Referenten Ernst Riedl ausrichten. „Viele von Ihnen haben in den vergangenen 25 Jahren den Menschen in Rumänien in vielfältiger Weise aktiv und konkret Hilfe und Beistand geleistet. Sie haben unverschuldet Notleidenden eine helfende Hand gereicht und eine Zukunftsperspektive geboten. Dafür danke ich Ihnen von ganzem Herzen“, so Barbara Stamm. Gleichzeitig äußerte die Landtagspräsidentin einen Wunsch: „Zeigen Sie den Menschen, dass sie nicht vergessen sind und Sie weiter an ihrer Seite stehen.“

Den Eindruck, dass es weiter geht, hatte man beim Festabend allemal. „Wir haben ja Verpflichtungen und es sind entsprechende Erwartungen der Menschen im Banat da“, sagt Arnold Eder. Und solange man in Rumänien von den Weinschrotts unterstützt wird, wird man auf jeden Fall am Ball bleiben, zumal die Berchtesgadener voll und ganz hinter dem Projekt stehen.